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Behindertenausweis und Prozente: Was hat es damit auf sich?

Behinderung Gesundheit

Prozente. Ich brauche Prozente!“ So oder in ähnlicher Weise beginnen viele Gespräche in der Sozialberatung des SoVD. Gemeint ist natürlich der Grad der Behinderung (GdB). Sie benötigen mindestens einen Wert von 50, um den Schwerbehinderten-Status zu ergattern. Wie Sie das anstellen und welche Begriffe Sie kennen sollten – all das erfahren Sie in diesem Beitrag.

Prozente für den Behindertenausweis

Eines vorweg: Streng genommen geht es an dieser Stelle nicht um Prozente. Beim Grad der Behinderung ist zwar auch bei 100 Schluss – die Analogie zu den Prozenten ist also naheliegend. Die richtige Ausdrucksweise lautet jedoch „Grad der Behinderung von so und so viel“ – ohne Prozent.

Korrekt ist, dass wir die magische Zahl 50 erreichen müssen. Ab einem GdB von 50 gelten Sie offiziell als schwerbehindert. Das bedeutet: Sie können früher eine Altersrente beziehen, mit oder komplett ohne Abschlag. Außerdem bekommen Sie zusätzliche Urlaubstage und können nicht mehr ohne Anhörung des Integrationsamtes gekündigt werden.

Der Schwerbehinderten-Status bringt also echte Vorteile mit sich.

Wie komme ich an den Behindertenausweis?

Den Schwerbehindertenausweis beantragen Sie bei der zuständigen Behörde in Ihrem Bundesland. Welchen Namen diese trägt, ist von Region zu Region verschieden. Bei uns in Schleswig-Holstein ist zum Beispiel das Landesamt für soziale Dienste (LAsD) zuständig.

Sie füllen einen Antrag aus, unterschreiben an den richtigen Stellen – und werfen einen Blick in Ihre Unterlagen. Warum? Weil Ihr Antrag völlig wertlos ist ohne die Befundberichte Ihrer Ärzte. Sie schauen also in den Ordner, in dem Sie solche Dokumente aufbewahren und kopieren die wichtigsten Befundberichte für den Antrag. Falls Sie an dieser Stelle feststellen, dass es keinerlei aktuelle Berichte gibt, folgen daraus zwei Möglichkeiten.

„Stellen Sie vor dem Antrag sicher, dass Ihr Arzt einen aktuellen Befundbericht ausstellen kann. Wenn Sie längere Zeit nicht mehr in Behandlung waren, sollten Sie das jetzt unbedingt nachholen.“

Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein

In Variante 1 existieren zwar keine Unterlagen, Sie waren jedoch erst kürzlich beim Arzt. Sie wurden untersucht, Ihr Arzt weiß Bescheid und versucht, Ihre Beschwerden zu lindern. In diesem Fall wird sich das Landesamt nach Ihrem Antrag beim Arzt melden und diesen auffordern, einen Befundbericht zu verfassen. Das Problem: Oftmals kommen die Ärzte dieser Bitte sehr langsam nach, und sehr häufig fallen diese angeforderten Befundberichte extrem dürftig aus. Das kann zum Problem werden. Denn wenn das Landesamt nur schwammige Berichte erhält, ist das Risiko hoch, dass Ihr Grad der Behinderung – also Ihre „Prozente“ – am Ende geringer ausfällt, als es eigentlich sein sollte.

Warum diese Berichte so relevant sind? Rechnen Sie nicht damit, dass Sie nach Ihrem Antrag zu einem Gutachter eingeladen werden. Beim Behindertenausweis kommt das extrem selten vor, die Behörde ist also darauf angewiesen, dass Ihr Hausarzt einen detaillierten Bericht verfasst.

Noch schwieriger wird es in Variante 2. Sie haben zwar schwere gesundheitliche Einschränkungen, waren aber schon länger nicht mehr beim Arzt. Weil Sie das Gefühl haben, dass dieser Ihnen ohnehin nicht helfen kann. Das mag sein und ist sicherlich frustrierend. Doch für Ihren Schwerbehindertenausweis ist es wichtig, dass Ihre Behinderung und Krankheiten dokumentiert sind. Wenn solche Unterlagen fehlen, haben Sie keine Chance auf den SB-Ausweis.

Grundlage für Ihre „Prozente“ ist die sogenannte „Versorgungsmedizin-Verordnung“. In diesem Dokument finden Sie für eine Vielzahl von Erkrankungen den jeweiligen Grad der Behinderung. Es lohnt sich also, vor dem Antrag einen Blick in dieses Dokument zu werfen. Die Versorgungsmedizin-Verordnung können Sie hier kostenlos in der aktuellen Version herunterladen.

50 Prozent – welche Vorteile habe ich davon?

Die wichtigsten Vorteile – oder besser „Nachteilsausgleiche“ – habe ich bereits oben genannt: Vorzeitige Altersrente, zusätzliche Urlaubstage und ein verbesserter Kündigungsschutz. Doch es gibt auch weitere Punkte, die den SB-Ausweis so beliebt machen. Zum Beispiel ein höherer Pauschbetrag bei der Steuer.

Beim Thema Parken bringt Ihnen der Behindertenausweis allein jedoch nichts. Um auf einem offiziellen Behindertenparkplatz stehen zu dürfen, ist das Merkzeichen „aG“ oder „Bl“ erforderlich. Und auch die kleinen Verwandten des blauen Parkausweises bekommen Sie nur, wenn zumindest das Merkzeichen „G“ im SB-Ausweis vermerkt ist.

Übrigens, auch ein GdB von 30 kann von Vorteil sein. Allerdings müssen Sie diesen zunächst für eine Gleichstellung verwenden. Wie das geht und welchen Nutzen Sie daraus ziehen können, lesen Sie in diesem Beitrag.

Fazit: Mit 50 Prozent zum SB-Ausweis

Um den Schwerbehinderten-Status zu erlangen, müssen Sie also die magische 50 erreichen. Um das zu schaffen, benötigen Sie aktuelle Befundberichte. Gehen Sie also bitte zum Arzt, wenn Sie schon längere Zeit nicht mehr dort gewesen sind. Ohne aussagekräftige Befundberichte werden Sie am Ende eine Enttäuschung erleben – denn die zuständige Behörde wird Sie in der Regel nicht selbst begutachten.

Wenn Sie all diese Hinweise befolgen, wird nach relativ kurzer Zeit ein Brief eintreffen – mit dem Bescheid des Versorgungsamtes. Falls dieser so gar nicht Ihren Vorstellungen entspricht, haben Sie die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Und zwar innerhalb von einem Monat. Ob das Aussicht auf Erfolg hat, sollten Sie jedoch von einem Experten überprüfen lassen.

Der Sozialverband Deutschland hilft in sozialen Angelegenheiten. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, unter anderem bei Auseinandersetzungen rund um das Thema Rente und Behinderung.

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Kommentare (11)

  • user
    Zinep kshishtofyak
    am 17.04.2023

    Guten Tag, wie kann ich annerkennung für einen impfschaden bekommen?

    LG

    • user
      Christian Schultz
      am 18.04.2023

      Da gibt es in jedem Bundesland spezielle Stellen für. Bitte im Internet nachschauen, da finden Sie die erforderlichen Infos.

  • user
    Oskar
    am 05.10.2021

    Diabetes Typ 1, diab.Retinopathie, diab. Nephropathie Stufe 3, diab. Neuropathie, diab. Hypertonie, mit welchem Grad kann ich rechnen?!

    • user
      Christian Schultz
      am 12.10.2021

      Hallo Oskar, wir können hier keine individuellen Erfolgsprognosen abgeben. Schauen Sie mal in die Versorgungsmedizin-Verordnung (gibt es online zum Download), daraus erhalten Sie schon eine ungefähre Einschätzung.

    • user
      Martin
      am 07.07.2022

      Das Zauberwort heisst "bitte"

  • user
    Grählert Claudia
    am 24.03.2021

    Habe Tinnitus und bin Zucker krank(Typ 1).

    Hab ich Anspruch auf einen Ausweis ?

    • user
      Christian Schultz
      am 24.03.2021

      Hallo Claudia, die Diabetes allein rechtfertigt schon lange keinen GdB von 50 mehr. Auch der Tinnitus führt normalerweise zu einem Einzel-GdB zwischen 10 und 20. Nur wenn weitere Beschwerden (z.B. psychischer Art) dazukommen, kann es mehr sein.

      Aber natürlich ist das auch immer eine Einzelfallentscheidung. Besprechen Sie sich am besten mit Ihrem Arzt und dann überlegen Sie, ob Sie einen Antrag stellen.

  • user
    Astrid Köger
    am 27.02.2021

    Guten Morgen!

    Habe eine Frage bezüglich einer Gleichstellung auf GdB 50. Ich habe 2019 den GdB 30 aufgrund einer künstlichen Herzklappe bekommen. Seit dem bin ich Marumar Patient.Ich bin eine Pflegefachkraft, arbeite im ambulanten Pflegedienst seit Jahren. Hat eine Antragstellung bezüglich der Gleichstellung auf GdB 50 Aussicht auf Erfolg in meinem Fall? Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen und bedanke mich im Vorraus.

    • user
      Christian Schultz
      am 01.03.2021

      Hallo Astrid, so eine Frage kann man nicht generell beantworten. Eine Gleichstellung kommt immer dann in Frage, wenn Ihre Krankheit bzw. Behinderung Sie in Ihrer Arbeit beeinträchtigt. Falls Sie öfter krank sind, langsamer arbeiten etc.

  • user
    Christian Schultz
    am 28.10.2020

    Hallo Michaela, Voraussetzung für den gelben Parkausweis ist das Merkzeichen "G". Allerdings reicht das allein noch nicht aus. Die weiteren Bedingungen finden Sie in dieser Übersicht: www.sovd-sh.de/2018/02/27/blauer-gelber-und-orangefarbener-parkausweis-fuer-menschen-mit-behinderung/

  • user
    Krapp Michaela
    am 27.10.2020

    *Und auch die kleinen Verwandten des blauen Parkausweises bekommen Sie nur, wenn zumindest das Merkzeichen „G“ im SB-Ausweis vermerkt ist.“*

    Ich besitze seit einiger Zeit das G in meinem Schwerbehindertenausweis mit 50% und kann nur sehr schwer laufen ich beziehe eine befristete volle Erwerbsunfähigkeitsrente bis zum 31.12 20132 und bin 56 Jahre alt

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