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Der lange Weg zur „Respektrente“

Rente Armut

Bundessozialminister Hubertus Heil möchte noch in diesem Jahr seine „Respektrente“ im Bundestag verabschieden lassen. Doch innerhalb der Bundesregierung ist ein Streit entbrannt. Während die SPD die Pläne des Ministers als wirksame Waffe gegen Altersarmut feiert, stören sich die Unionsparteien vor allem an einem Punkt: Die Respektrente soll ohne Bedürftigkeitsprüfung eingeführt werden.

Respektrente, Grundrente, Solidarische Lebensleistungsrente …

Der eigentliche Skandal in der ganzen Diskussion um die Einführung der Respektrente ist, dass die Politik zu keiner Einigung kommt. Seit rund zehn Jahren legen sich sowohl die Sozialdemokraten als auch CDU und CSU für eine Rentenaufwertung für Geringverdiener ins Zeug. Die Eckdaten von all diesen Modellen haben sich kaum verändert – und doch bleibt die Große Koalition den von Altersarmut betroffenen Menschen eine Lösung schuldig.

Seit zehn Jahren warten wir nun auf eine Rentenlösung für Geringverdiener.

Angefangen hat alles mit Ursula von der Leyens „Zuschussrente“. Diese sollte bereits 2013 eingeführt werden. Vorgesehen war die Zuschussrente für Bezieher von kleinen Renten, die 30 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung vorweisen konnten. Nach einer Übergangszeit von zehn Jahren sollte eine Hürde von 35 Beitragsjahren gelten. Eine weitere Hürde wäre gewesen, dass arme Rentnerinnen und Rentner eine private Zusatzrente hätten vorweisen müssen. Zunächst über einen Zeitraum von fünf Jahren, später sogar über 35 Jahre. Umgesetzt wurde die Zuschussrente nie.

Lebensleistung und Solidarität

Seit dem Herbst 2013 wird Deutschland durch eine Große Koalition regiert. Von Anfang an war geplant, dass etwas gegen die wachsende Altersarmut unter Geringverdienern getan werden muss. Die CDU favorisierte nun ihr Modell der „Lebensleistungsrente“ – in dem die Rentenkonten auf maximal 30 Entgeltpunkte aufgestockt werden sollten. Vorausgesetzt, die betroffenen Rentnerinnen und Rentner verfügten über eine Wartezeit von mindestens 35 (später 40) Jahren.

Demgegenüber wollte die SPD die sogenannte Rente nach Mindestentgeltpunkten verlängern. Nach aktueller Rechtslage ist dies nur für vor 1992 erworbene Rentenanwartschaften möglich. Nach Vorschlag der SPD sollte diese Regelung entfristet werden: Gering bewertete Beitragszeiten wären dann auf bis zu 0,75 Entgeltpunkte angereichert worden. Auch bei dieser, nun „Solidarrente“ genannten Lösung, hätte eine Mindestversicherungszeit von 35 Jahren gegolten.

Ähnliche Vorschläge, eine Einigung schien in greifbare Nähe gerückt. Zumal sich die Große Koalition schnell auf einen neuen Namen für einen Kompromiss einigte – die „solidarische Lebensleistungsrente“.

Die Hoffnung war groß, dass es nun endlich zu einer Lösung in der Rentenfrage kommt.

Doch auch nach vier Jahren konnte die Bundesregierung kein fertiges Gesetz präsentieren. Das Konzept der solidarischen Lebensleistungsrente wurde nicht weiter verfolgt. Und das obwohl der Koalitionsvertrag sehr konkret beschrieb, wie die Lösung ausgesehen hätte: Steuermittel hätten kleine Renten auf maximal 30 Entgeltpunkte aufgestockt. Zunächst hätten Betroffene 35 Jahre an Beitragszeiten erfüllen müssen, später dann 40 Jahre.

Zeit für ein kleines Zwischenfazit:

Trotz relativ kleiner Unterschiede in der Vorstellung, wie man Geringverdienern im Alter helfen sollte, konnte die Bundesregierung bis 2017 keine Lösung präsentieren. Die Zahl der von Altersarmut betroffenen Menschen stieg derweil weiter an. Allein in der Zeit von 2010 bis 2017 von 412.000 auf 544.000. Wir als Sozialverband haben auch damals Kritik an den Vorschlägen geübt. Vor allem die hohe Hürde der langen Beitragszeiten erschien uns als unangebracht, wenn Altersarmut tatsächlich verhindert werden sollte. Aber selbst die solidarische Lebensleistungsrente wäre ein großer Fortschritt im Vergleich zur Alternative, dem Nichtstun, gewesen.

2017: Zeit für die Grundrente

Nach der Bundestagswahl 2017 einigten sich Union und Sozialdemokraten nach langen Verhandlungen noch einmal auf eine Zusammenarbeit. Fester Bestandteil des Koaltionsvertrags ist die Einführung einer Grundrente. Auch diese Idee orientiert sich am bereits Bekannten: Die Renten von Geringverdienern sollen aufgestockt werden, falls eine Beitragszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung von wenigstens 35 Jahren vorliegt.

Warum die Grundrente im Jahr 2018 dann plötzlich „Respektrente“ hieß, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Außer dem Namen änderte Arbeitsminister Hubertus Heil noch ein weiteres Detail. Denn im Koalitionsvertrag ist von einer Bedürftigkeitsprüfung die Rede. Nur Empfängerinnen und Empfänger der Grundsicherung im Alter sollten in den Genuss der Aufstockung kommen.

Nach den Plänen von Hubertus Heil wird es allerdings keinen Unterschied machen, ob neben einer kleinen Rente noch andere Einkünfte das Einkommen im Alter aufbessern oder nicht.  Heil will eine Prüfung durch das Sozialamt um jeden Preis verhindern. Das wiederum ist mit den Unionsparteien nicht zu machen. An diesem Streit liegt es nun, dass die Einführung einer Rentenaufstockung für Geringverdiener abermals ungewiss ist.

Wieder keine Einigung in Sicht …

Dabei wäre eine Lösung so einfach. Schon vor Jahren haben wir als Sozialverband gefordert, einen Freibetrag in der Grundsicherung einzuführen. Seit 2017 gibt es solch eine Verbesserung sogar, jedoch leider nur für Einkommen aus privaten Zusatzrenten. Sollte die Bundesregierung also wieder nicht zu einer Einigung bei diesem Thema kommen, kann die Übergangslösung nur heißen: Freibetrag jetzt! Und zwar auch für die gesetzliche Rente.

Der Sozialverband Schleswig-Holstein hilft in sozialen Fragen. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, zum Beispiel bei Problemen mit der Erwerbsminderungsrente oder dem Behindertenausweis.

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