Antrag auf Bürgergeld: Was ist mit dem Eigenheim?
Aktuelles Armut
Mit dem Wechsel von "Hartz IV" zum Bürgergeld haben sich viele Veränderungen ergeben - die meisten davon zugunsten der Sozialleistungsempfänger. Doch wie genau sieht es mit der selbst genutzten Immobilie aus?
"Hartz IV" heißt jetzt Bürgergeld. Und nicht nur der Name hat sich geändert. Seit dem Jahreswechsel 2022/2023 sind viele Neuerungen in Kraft getreten - einige Veränderungen werden allerdings erst zum Juli 2023 wirksam.
In diesem Beitrag soll es ausschließlich um die Frage gehen: Darf ich mein Eigenheim - egal, ob Wohnung oder Einfamilienhaus - behalten, wenn ich Bürgergeld beantragen muss?
Immobilien und Bürgergeld
Wichtig ist: Die folgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf selbst genutzte Wohnungen oder Häuser. Vermietete Immobilien fallen nach wie vor unter die allgemeine Vermögensgrenze und müssen in den allermeisten Fällen veräußert werden, bevor ein Antrag auf Bürgergeld erfolgreich sein kann.
Geht es aber um ein Eigenheim oder eine Wohnung, in der Sie selbst leben, gilt seit Januar 2023 eine ganz einfache Regelung:
Ist Ihr selbst genutztes Haus maximal 140 m² groß (bei Eigentumswohnungen gelten 130 m²), dürfen Sie dort wohnen bleiben. Sie müssen NICHT ausziehen, das Haus wird NICHT als Vermögen angesehen.
Wenn mehr als vier Personen im Haushalt leben, kommen für jede weitere Person 20 Quadratmeter hinzu. Dazu ein Beispiel:
Manfred (53) aus Quickborn lebt in einer Eigentumswohnung, die er von seinen Eltern geerbt hat. Mit ihm zusammen wohnen außerdem seine Frau und fünf minderjährige Kinder in der Wohnung. Das Jobcenter muss in diesem Fall eine maximale Größe von 190 m² anerkennen - 130 m³ für Manfred, seine Frau und zwei Kinder (vier Personen) sowie je 20 für die drei weiteren Kinder. Da die Wohnung lediglich 102 m² misst, darf die Familie trotz Bezug von Bürgergeld in der Immobilie wohnen bleiben.
Bürgergeld: Wert des Eigenheims spielt keine Rolle
Es kommt also ausschließlich auf die Größe Ihres Einfamilienhauses oder Ihrer Eigentumswohnung an. Die Lage, das Baujahr oder allgemein der Wert Ihrer Immobilie spielen für das Jobcenter - und damit für Ihren Antrag auf Bürgergeld - keine Rolle mehr. Rein theoretisch können Sie also auch mit einer Villa in Hamburg-Blankenese Bürgergeld erhalten. Vorausgesetzt, Ihr Häuschen ist höchstens 140 Quadratmeter groß.

"Beim Antrag auf Bürgergeld kommt es allein auf die Größe Ihres Hauses an, nicht auf den Wert."
Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein
Fazit
Wenn Sie Bürgergeld beantragen müssen und im eigenen Haus wohnen, kommt es also ausschließlich auf die Wohnfläche an. Beim Einfamilienhaus gelten maximal 140 Quadratmeter als angemessen. Für eine Eigentumswohnung liegt alles bis 130 m² im grünen Bereich.
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Kommentare (26)
Sina
am 14.11.2023Sehr geehrter Herr Schulz, vielen Dank für diesen ausführlichen Artikel. Dennoch bleibt bei mir die Frage offen, was passiert, insofern man ein Haus mit ca. 110 qm erbt während man Bürgergeld bezieht. D.h. bislang nicht in diesem Haus gelebt hat. Müsste eine alleinerziehende Mutter eines Kindes (ergo 2 Personen) dieses Haus veräußern oder dürfte die zweiköpfige Familie dort einziehen und weiterhin regulär Bürgergeld beziehen? Über eine Antwort wäre ich Ihnen überaus dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Sina
Christian Schultz
am 15.11.2023Hallo Sina, wenn Sie selbst in dieses Haus einziehen, dürften Sie es wohl behalten. Die Größe ist ja angemessen.
Thomas F.
am 14.11.2023Hallo,
hier handelt es sich immer um Fälle, bei denen die Leute in einer angemessenen Quadratmeter Größe wohnen. Was passiert denn im gegenteiligen Fall?
Bsp:
Eine 4 köpfige Familie wohnt in einem noch nicht abbezahlten Haus mit 180qm Wohnfläche, plus X, also Keller.
Monatliche Kosten: 1500 Euro davon 1200 Euro Zinsen. Kredit noch 20 Jahre Laufzeit.
Ich geh davon aus, dass auch hier die 12 monatige Karenzzeit gilt. Soweit ich weiß wird der Zins übernommen und die Tilgung ist eigenes Vergnügen.
Aber was passiert nach der Karenzzeit?
Die Wohnfläche ist zu groß. Ist man gezwungen in eine kleinere Wohnung zu ziehen und das Haus zu verkaufen?
Der Verkaufspreis wird im Normalfall an die Bank für die Kredittilgung in den nächsten Jahren gehen. Die kann man nicht verbraten.
Die Wohnung kostet in der Regel aber gleich viel oder mehr Miete als der Zins. Jedenfalls in unseren bayrischen Breiten.
Die Hochphase für Einfamilienhäuser hat in den letzten Jahren eine Vielzahl solcher Konstrukte geschaffen. Wie wird in solchen Fällen beim Bürgergeld umgegangen?
Vielen Dank vorab
Christian Schultz
am 14.11.2023Hallo Thomas, erst gilt die einjährige Karenzzeit. Danach muss man sehen. In den Jobcentern haben die Mitarbeiter schon einen gewissen Spielraum. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass die Wohnkosten gesenkt werden müssen. Im schlimmsten Fall durch einen Umzug. Wie das dann genau läuft, kann ich Ihnen nicht sagen.
Dengler Susanne
am 08.11.2023Sehr geehrter Herr Schulz,
ich wohne in der Eigentumswohnung meines Sohnes, die Wohnung bereitet ihm monatl. Kosten von insgesamt 700 Euro, da sie noch nicht abgezahlt ist und Hausgeld anfällt.
Da ich seit Jahren krank bin und von ALG leben musste, das sehr niedrig ist, weil ich nur im Geringverdienersektor gearbeitet hatte, als alleinerziehende Mutter, zahle ich ihm eine Aufwandsentschädigung von 400 Euro jedes Monat. Leider muss ich ab Februar nächstes Jahr von Bürgergeld leben, und da wir keinen Mietvertrag schließen können, da mein Sohn sonst die Mieteinnahmen versteuern müsste und somit noch mehr Kosten entstehen, ist meine Frage, ob es auch als sonstige Wohnverhältnisse definiert werden kann, wie auf der Anlage KDU unter Punkt 2 erwähnt wird? Ich möchte keinesfalls meinem Sohn noch mehr finanzielle Belastungen bereiten, da er selber zur Miete wohnt und für seine Wohnung über 1200 Euro Miete zahlen muss.
Vielleicht können Sie mir helfen mit einer Information zu meiner Frage?
Mit freundlichen Grüßen
S.Dengler
Christian Schultz
am 08.11.2023Hallo Susanne, so tief bin ich in den rechtlichen Bestimmungen der Kosten zur Unterkunft leider nicht drin. Wahrscheinlich ist das auch für viele Mitarbeiter im Jobcenter erst einmal komplex - da sollten Sie sich unbedingt individuell beraten lassen.
Dengler Susanne
am 10.11.2023Herzlichen Dank für Ihre Antwort. Wissen Sie, wohin ich mich für solch eine individuelle Beratung wenden kann? Mit freundlichen Grüßen, S.Dengler
Christian Schultz
am 10.11.2023Ein Fachanwalt für Sozialrecht kann da helfen. Oder alternativ die Sozialrechtsberatung bei meinen Kollegen: https://www.sovd.de/sozialverband/organisation/landes-und-kreisverbaende
Mathias
am 14.10.2023Folgender Fall:
Eigengenutztes abbezahltes Einfamilienhaus mit 145 qm Wohnfläche (also 5 qm zu groß)
4 Personenhaushalt.
Welche Möglichkeiten gibt es das Haus zu halten und Bürgergeld zu beziehen ?
Wäre eine bauliche Verkleinerung ( Zumauern eines Raumes) um unter die 140 qm Grenze zu kommen erlaubt ?
Gibt es andere Möglichkeiten, z.B. Anrechnung der 5 qm auf den Schonvermögen Betrag ?
Christian Schultz
am 23.10.2023Wenn es nur um fünf Quadratmeter geht, gibt es in der Praxis sicherlich Gestaltungsspielraum für den Mitarbeiter im Jobcenter.
Stefanie
am 25.09.2023Sehr geehrter Herr Schultz,
eigenes Haus: welche qm Zahl gilt denn für 2 Personen als angemessen?
Auch 140 qm oder wird was runtergerechnet?
Vielen Dank vorab für die Rückantwort.
Christian Schultz
am 25.09.2023Hallo Stefanie, da gelten auch die 140 Quadratmeter.
Stefanie
am 25.09.2023Recht herzlichen Dank für Ihre schnelle Rückantwort.
Mia
am 21.09.2023Wir haben eine vermietete Wohnung. Würden die Einnahmen beim bürgergeld mit angerechnet obwohl der Kredit für die Wohnung die kompletten mieteinnahmen verschlingt ? Also uns bleibt nichts von den mieteinnahmen
Christian Schultz
am 22.09.2023Das wird sich das Jobcenter auf jeden Fall genauer anschauen. Aber ohne nähere Infos können wir das auch nicht beantworten - hier im Forum sowieso nicht.
Claudia
am 08.09.2023Moin, ich hätte wirklich gern gewusst, welcher Paragraph diese konkreten Angaben zur "erlaubten" Wohnfläche enthält!? Wo kann ich das nachlesen?
Christian Schultz
am 11.09.2023Hallo Claudia, das finden Sie in § 12 SGB II: https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbii/12.html
Gabi
am 04.09.2023Ich hab ein altes sanirungsbedüftiges Haus von 1950. Ich hab einen Kredit aufgenommen um verschiedene notwendige Arbeiten in Eigenleistung durchzuführen. Ich musste mit Rechnungen und Quittungen nachweisen das der Kredit und die Masterkarte wirklich für Baumaterial verwendet wurde. Zählt das auch zu Mietkosten und ist es anrechenbar beim Bürgergeld? Ich hab auch eine Photovoltaikanlage auf 20 Jahre gemietet um den ständigen Stromerhöhungen zu entgehen. Wird diese auch mit in die Berechnung mit einbezogen?
Kredit und Photovoltaikanlage schöpfen allein fast 400€ aus + Versicherungen bleibt mir nichts zum Leben.
Ich hatte einen Unfall und bin deswegen vor 3 Monaten in das Bürgergeld gerutscht. Ich bin noch nicht gesund aber ich muss mir eine Arbeit suchen um nicht alles zu verlieren und das macht mich wiederum krank.
Christian Schultz
am 04.09.2023Hallo Gabi, das kann ich leider nicht aus dem Stehgreif beantworten. Wenden Sie sich gern an meine Kollegen in der Sozialberatung: https://www.sovd-sh.de/beratung/sozialberatung/informationen
Natalie
am 23.08.2023Guten Tag,
ich werde in einigen Monaten vermutlich vorübergehend Bürgergeld beantragen müssen.
Ich besitze eine sehr kleine Eigentumswohnung in einer anderen Stadt, die ich vor einigen Jahren für einen Betrag der unter dem Schonvermögen liegt erworben habe.
Die Wohung habe ich vermietet. Ich selbst bewohne eine kleine Mietwohnung. Sowohl Wohnung als auch Mieteinnahmen sind meine persönliche Altersvorsorge. Ich bin allein lebend, unverheiratet und habe keine Kinder. Ansonsten habe ich kein Vermögen.
Müsste ich auch in diesem Fall meine ETW verkaufen, obwohl der Kaufpreis unter dem Schonvermögen liegt, oder würden mir die Mieteinnahmen auf das Bürgergeld angerechnet werden?
Vielen Dank und viele Grüße,
Natalie
Christian Schultz
am 23.08.2023Hallo Natalie, beim Vermögen gibt es ja eine einjährige Karenzzeit. Ich gebe davon aus, dass die auch für eine Immobilie gelten würde. Aber die Mieteinnahmen fließen natürlich in die Errechnung des Bedarfs mit rein.
Natalie
am 23.08.2023Hallo Herr Schultz,
vielen Dank für die schnelle Antwort. Ja, ich hoffe auch, dass die Karenzzeit in diesem Fall auch wirksam wird. Denn es würde ja auch keinen Sinn machen, bei vorübergehendem Bürgergeld-Bezug eine Immobilie zu verkaufen, die eine Prävention von späterer Altersarmut und Beanspruchung des Jobcenters darstellt.
Viele Grüße von Natalie
Hans-Reimer Sievers
am 07.08.2023Guten Tag,
Frage: Das Haus ist zB 160 m2 groß. Wird dann anteilig erstattet, oder gibt es gar nichts, wenn das Haus nicht verkauft wird?
Christian Schultz
am 08.08.2023Hallo, eine anteilige Erstattung gibt es nicht. Entweder die Immobilie ist angemessen, oder Sie werden aufgefordert, die Kosten zu senken.
David
am 20.07.2023Sehr geehrter Herr Schultz,
vielen Dank für Ihren Beitrag. In ihrem Fazit verwenden Sie den Begriff Grundsicherung. Dieser ist mehrdeutig. Ziehen Sie ihr Fazit für die Grundsicherung im Alter, die Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung oder die Grundsicherung für Arbeitsuchende? Oder sogar für alle drei?
Dies ist auch deshalb relevant, weil angesichts der seltenen Urteile zum SGB XII oft auf die auf die Rechtsprechung zum SGB II zurückgegriffen wird.
Viele Grüße
David
Christian Schultz
am 28.07.2023Hallo David, vielen Dank - das war tatsächlich ein Tippfehler. Wir meinten hier nur das Bürgergeld - also die Grundsicherung für Arbeitsuchende. Das habe ich nun korrigiert.
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