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Die Grundrente verspätet sich

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will die Grundrente auf den Weg bringen. Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass Geringverdienende, die 33 Jahre Pflichtbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit vorweisen können, künftig Zuschläge erhalten sollen. Obwohl der SoVD in Teilen Nachbesserungsbedarf sieht, befürwortet er die Aufwertung niedriger Renten. Doch nun kommt massive Kritik von anderer Seite, und Heil muss den Start verschieben.

Hubertus Heil bei der Bundesverbandstagung des SoVD.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, hier auf der 21. Bundesverbandstagung des SoVD, muss den zuvor mühsam mit den Parteien ausgehandelten Kompromiss zur Grundrente erneut überarbeiten. Die Kabinettsberatung wurde auf den 12. Februar verschoben. Foto: Laurin Schmid

Die Einführung eines Rentenzuschlags für Niedrigverdienende und eines Freibetrages in den Grundsicherungssystemen sind langjährige Forderungen des SoVD. Der Verband setzt sich mit Nachdruck dafür ein, das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung wieder zu stärken. Denn diese ist für viele die zentrale Einkommensquelle im Alter. „Nach einem langen Arbeitsleben sollen Menschen darauf bauen können, dass sie von ihren Altersbezügen leben können, auch wenn sie zu niedrigen Löhnen gearbeitet haben. Sie müssen mehr davon haben als diejenigen, die wenig oder gar nicht gearbeitet haben und wenige oder keine Pflichtbeiträge gezahlt haben“, forderte der SoVD-Präsident immer wieder. Er betonte, dass dies auch für Erziehungs- und Pflegeleistungen gelte, die überwiegend Frauen erbringen.

Insofern begrüßt es der SoVD ausdrücklich, dass Freibeträge in den Grundsicherungssystemen eine große Ungerechtigkeit beseitigen sollen. Denn Einkommen und Vermögen wurden bislang im Rahmen der – dem Erhalt von Grundsicherung vorgelagerten – Bedürftigkeitsprüfung vollumfänglich verrechnet und zum Abzug gebracht. Künftig würde hingegen jeder eingezahlte gesetzliche Rentenbeitrag zu einem Gesamteinkommen oberhalb der Grundsicherungsgrenze führen – vorausgesetzt, es liegen die geforderten 33 Grundrentenzeiten vor.

Forderung des SoVD umgesetzt

Auch aus Respekt vor einer jahrzehntelangen Arbeitsleistung fühlt es sich anders an, ob jemand anschließend Sozialleistungen beziehen muss, die sich ausschließlich an Bedürftigkeitskriterien orientieren, oder ob am Ende eines Erwerbslebens eine Rente oberhalb der Grundsicherung steht, die das Geleistete würdigt.

Die Regelung soll ebenso für Bestandsrentner*innen gelten. Auch das entspricht einer nachdrücklichen Forderung des Verbandes. Dieser hatte stets gemahnt, bei Verbesserungen diejenigen Menschen mit zu berücksichtigen, die bereits Alterseinkünfte beziehen. „Die vorgesehenen Regelungen schließen eine große Gerechtigkeitslücke und sind gleichzeitig ein wirksamer Beitrag gegen die wachsende Armut im Alter“, stellt SoVD-Präsident Adolf Bauer fest.

Grundrente soll aus Steuermitteln bezahlt werden

Rund 1,4 Milliarden Euro kostet die Grundrente laut Gesetzentwurf im Einführungsjahr 2021. Finanziert werden soll sie, so plant es zumindest Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), aus den Erträgen der seit Langem geplanten Finanztransaktionssteuer. Der SoVD begrüßt ausdrücklich, dass die Grundrente vollständig aus Steuermitteln finanziert werden soll.

33 Jahre Grundrentenzeiten als Voraussetzung zu hoch

Im Rahmen einer Ministeriumsanhörung hatte der SoVD am 22. Januar Gelegenheit, seine Positionen erneut im Sinne der von ihm vertretenen Personengruppen deutlich zu machen. Fabian Müller-Zetzsche, Leiter der Abteilung Sozialpolitik im SoVD-Bundesverband, lobte den Gesetzentwurf grundsätzlich. Er kritisierte jedoch, dass die Freibeträge an die Voraussetzung von 33 Jahren Grundrentenzeiten geknüpft werden sollen. Er gab zu bedenken, dass dem Grundsicherungsrecht leistungsorientierte Anforderungen prinzipiell fremd sind. „Die Voraussetzung gefährdet das Ziel der Armutsbekämpfung erheblich, da viele Bezieher*innen von Grundsicherung nicht die erforderlichen Jahre an Grundrentenzeiten vorweisen könnten“, sagte Müller-Zetzsche.

Der SoVD fordert deshalb, dass auch Zeiten der Arbeitslosigkeit sowie Zurechnungszeiten bei Erwerbsminderung zu den Grundrentenzeiten zählen.

Ein weiterer Kritikpunkt des Verbandes besteht darin, dass die vorgesehene Zugangsvoraussetzung eine Ungleichbehandlung verschiedener Rentenarten in der Grundsicherung darstellt. Denn für betriebliche und private Renten gelten die Freibeträge in der Grundsicherung ohne Vorbedingung. Die Voraussetzung von 33 Jahren Grundrentenzeiten sollte aus den genannten Gründen aus Sicht des SoVD auch für die gesetzlichen Renten ersatzlos entfallen.

Massive Kritik von Union und Rentenversicherung

Wegen massiver Kritik aus den Kreisen der Union und der Deutschen Rentenversicherung ist der pünktliche Start der Grundrente für Millionen Bezieher*innen kleiner Altersbezüge jetzt ungewiss. Arbeitsminister Heil muss den mühsam verhandelten Gesetzentwurf, der in vielerlei Hinsicht bereits einen Kompromiss darstellte, erneut überarbeiten. Die geplante Kabinettsbefassung wurde vom 29. Januar auf voraussichtlich 12. Februar verschoben.

SoVD schlägt Verzicht auf Einkommensprüfung vor

Die Deutsche Rentenversicherung bemängelt vor allem den organisatorischen Verwaltungsaufwand; außerdem gibt es verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Einkommensprüfung. Auch bei anderen Kritiker*innen stehen insbesondere die vorgelagerten Prüfungen im Fokus. Hierzu hat der SoVD bereits einen Vorschlag unterbreitet. Er besteht im Verzicht auf die Einkommensprüfung.

Der SoVD, der mehrfach nachhaltige Rentenvorschläge in die sozialpolitische Debatte eingebracht hat, wird hier auch weiterhin die Interessen der Rentner*innen mit Nachdruck vertreten.


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