Vor zwei Wochen richteten SoVD und AWO eine Diskussionsveranstaltung zur sozialen Entwicklung in der EU aus. Eines der häufig angesprochenen Themen war dabei der Mindestlohn. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) war zu Gast und verwies auf die Notwendigkeit von fairen Löhnen „Europa muss aus der Corona-Krise wirtschaftlich und sozial gestärkt hervorgehen. Hierzu gehören vor allem anständige Löhne. Die Zahl derer, die trotz Arbeit von Armut bedroht sind, ist in den letzten Jahren gestiegen.“
EU-Kommissar Nicolas Schmit erklärte bei der Veranstaltung, dass die EU-Kommission bald ein Konzept für ein EU-weites Mindestlohnmodell vorstellen werde.
Vier Kriterien sollen einfließen
Dies ist jetzt geschehen. Wie daraus hervorgeht, wird die EU nicht die Höhe der Mindestlöhne festlegen, die Kommission nennt aber vier Kriterien, an denen er sich orientieren soll. Diese sind Kaufkraft, Verbreitung der Brutto-Löhne, Anstieg der Bruttolöhne sowie der Produktivität.
SoVD-Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer hatte bei der Veranstaltung für die Einführung eines EU-weiten Mindestlohns gefordert: „Die Mitgliedstaaten müssen verpflichtet werden, einen Mindestlohn von 60 Prozent des Mittleren Einkommens – mithin die Armutsgrenze in der EU – einzuführen.“ Zu solch einer konkreten Festlegung wird es vorerst nicht kommen. Nach diesen Kriterien müsste auch der Mindestlohn in Deutschland deutlich schneller steigen, als bisher von der Politik vorgesehen.
Der in Deutschland geltende Mindestlohn wird von der Mindestlohnkommission anhand der Entwicklung der Tariflöhne bestimmt. Heute beschloss das Kabinett die vierstufige Anpassung von derzeit 9,35 Euro auf 10,45 Euro pro Stunde im Sommer 2022. Kriterien wie Kaufkraft und Produktivität spielen dabei bisher jedoch keine Rolle.
Mitgliedsländer bestimmen über Umsetzung
Wie die Mindestlöhne in Europa konkret ausgestaltet werden, ist nicht Sache der Kommission. Eine entsprechende EU-Richtlinie müssten von allen Mitgliedsländern in nationales Recht überführt werden. Dennoch ist es ein gutes Signal, dass sich die EU-Kommission um das Thema kümmert. Die zunehmende soziale Spaltung zwischen arm und reich, verbreitete Armut trotz Arbeit und der umkämpfte Wohnungsmarkt sind einige der Handlungsfelder, die die EU angehen will.
Nach Jahrzehnten neoliberaler Wirtschaftspolitik in der EU, besteht jetzt die Chance, der Gemeinschaft eine sozialere Agenda zu geben. Wie dies aussehen könnte, haben SoVD und AWO, in einem Forderungspapier skizziert.
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