Konkrete Instrumente für eine sozial gerechte Klimapolitik standen im Fokus der dritten Tagung des Sozial-Klimarates am 6. November in Berlin. Rund 150 Teilnehmende aus Wissenschaft und Politik diskutierten die Vorschläge. Als Gäste waren unter anderem Lars Klingbeil (SPD-Parteivorsitzender), Ricarda Lang (B ʼ90 / Grüne) und Dirk Stettner (CDU-Fraktionsvorsitzender) eingeladen. Alfred Bornhalm, stellvertretender SoVD-Verbandsratsvorsitzender, und die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier nahmen in Wortbeiträgen sowie im Rahmen einer Podiumsrunde aktiv teil.
Überschwemmungen, Dürren, Hitzeextreme – der Klimawandel zeigt sich immer deutlicher. Zugleich stieg der weltweite Treibhausgas-Ausstoß 2023 laut UN-Umweltprogramm um 1,3 Prozent und damit schneller als in den zehn Jahren vor Corona. Am Tag nach der US-Wahl, mit der die USA einen Präsidenten bekommen, der verstärkt Öl fördern will und sich in seiner ersten Amtszeit vom Pariser Klimaabkommen abgewendet hat, tagte der Sozial-Klimarat zum dritten Mal. Was kann Deutschland klimapolitisch bewegen? Und wie muss Klimapolitik aussehen, die es allen Gesellschaftsgruppen erlaubt, klimaneutral zu leben?
Aufbauend auf den grundlegenden Thesen, die im Rahmen der ersten Tagung im November 2023 formuliert wurden, und der im Mai 2024 vorgestellten Persona-Analyse zur Anpassungsfähigkeit der Haushalte, entwickelten die Teilnehmenden hier praxisnahe Maßnahmen und politische Instrumente. Auch für Diskussion war Raum – zunächst in Form einer Podiumsrunde sowie in Wortbeiträgen und verschiedenen Kurzworkshops. Ergänzt wurde der Austausch durch die eingebrachten Perspektiven von Stadtwerken, Kommunen, Wohnungswirtschaft und Landesverwaltung.
Klimaneutralität auch armen Haushalten ermöglichen
Auf dem Podium stellte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier fest: „Ich finde skandalös, wenn Besserverdienende eine Förderung für Wärmepumpen erhalten in Gebieten, wo dezentrale Wärme sinnvoller wäre.“ Es gebe letztlich zu wenige verbleibende Abnehmer-Haushalte für den Wärmenetzausbau. Gleichzeitig würden Gas und Heizöl immer teurer. Die Folgen seien in den Beratungsstellen des SoVD spürbar, so Engelmeier. „Uns erzählen Rentner*innen, dass sie im Winter mit zwei Federbetten auf dem Sofa sitzen aus Sorge, dass sie die Nebenkosten nicht mehr bezahlen können, wenn sie die Heizung anstellen.“
Der Klimawandel treffe Ärmste am schwersten, gleichzeitig hätten Reiche einen vielfach größeren CO₂-Fußabdruck. Am Ende blieben jedoch Ärmere im Kalten sitzen. „Die SoVD-Mitglieder wollen ihren Beitrag für Klimaschutz leisten. Dafür braucht es aber mehr staatliche Angebote für Menschen ohne prallen Geldbeutel.“ Als Positivbeispiele nannte Engelmeier Social-Leasing-Projekte in Nachbarländern und den sozial gerechten Ausbau des ÖPNV „in Zeiten, in denen sich immer mehr Menschen einsam fühlen“.
„Ob Klimaschutz funktioniert, ist eine soziale Frage“
In seinem Redebeitrag stellte SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil fest: „Wir haben Lehrgeld bezahlt, indem wir gesehen haben: Wir gehen klimapolitisch voran, aber wir hatten die soziale Komponente nicht mitbedacht.“ Alles über den CO₂-Preis regeln zu wollen, führe dazu, dass für manche Klimaschutz nicht bezahlbar sei. „Wir müssen darüber reden, was staatliche Handlungsfähigkeit bedeutet und nicht nur darüber, was der Einzelne von uns leisten muss.“ Auch Ricarda Lang (Bʼ 90 / Grüne) betonte: „Ob Klimaschutz funktioniert, ob alle mitmachen können und ob es eine politische Akzeptanz gibt, ist eine soziale Frage.“
Der Sozial-Klimarat versteht sich als Plattform für soziale Fragen in der Klimapolitik. Auch bei dieser Tagung waren Partner-Organisationen wie das Öko-Institut, Agora Energiewende, Fiscal Future, das Umweltbundesamt, Transport und Environment, die Bertelsmann Stiftung, Caritas und das progressive Zentrum willkommen. Im Rahmen separater Sitzungen brachten sie sich mit eigenen thematischen Schwerpunkten ein. Mit den gemeinsam gewonnenen Ergebnissen wird der Sozial-Klimarat weiterarbeiten.
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