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„Gesundheit geht vor Kommerz“

SoVD: Krankenhausreform muss bessere Versorgung aller Menschen sicherstellen

Ärzte am OP-Tisch, im Vordergrund ein Monitor mit Wirtschaftsdaten
Unternehmerisches Denken und die Behandlung von Menschen lassen sich oftmals nicht sinnvoll miteinander verbinden. Fotos: fivepointsix, Thomas Pajot / Adobe Stock; Montage: SoVD

Schlechte Ausstattung und zu wenig Personal – Deutschlands Kliniken können Patient*innen kaum noch angemessen versorgen. Eine von der Regierung eingesetzte Kommission schlug daher eine Krankenhausreform vor. Dabei gehe es laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) um „weniger Ökonomie und mehr Medizin“. Diesen Ansatz begrüßt der SoVD. Seit Langem schon kritisiert der Verband den hohen Kostendruck im Gesundheitswesen.

Anfang Dezember stellte die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung ihre Pläne vor. Nach diesen sollen Menschen im Krankenhaus künftig weniger unter wirtschaftlichen Kriterien und mehr nach medizinischen Gesichtspunkten behandelt werden. Dass dies bisher offensichtlich nicht geschieht, ist nüchtern betrachtet ein Skandal.

Änderungsbedarf sieht die Kommission unter anderem bei dem bestehenden System der Fallpauschalen. Hierbei erhalten Kliniken eine Bezahlung nach der jeweils behandelten Diagnose, nicht aber nach der tatsächlich erbrachten Leistung.

Pauschalen führten zu erheblichen Fehlanreizen

Das Verfahren sollte die Wirtschaftlichkeit von Krankenhäusern erhöhen. In den Hintergrund rückte dabei allerdings die Qualität einzelner Behandlungen: Je mehr Fälle, so die Logik, desto höher am Ende der Gewinn. Doch vor allem kleine Kliniken im ländlichen Raum, die eine Grund- und Notfallversorgung anbieten, scheitern an diesem System. Obwohl er selbst an der Einführung der Fallpauschalen beteiligt war, sieht Gesundheitsminister Lauterbach diese mittlerweile kritisch. Bei der Vorstellung der Pläne für eine Krankenhausreform gab er zu: „Wir haben die Ökonomie zu weit getrieben.“

Der SoVD begrüßt die Abkehr von den Fallpauschalen. Für den Verband steht seit Langem fest, dass sich kommerzielle Erwägungen mit einer notwendigen und angemessenen Versorgung von Patient*innen nur schwer vereinbaren lassen. So habe der Kostendruck im Krankenhausbereich in den letzten Jahren immer häufiger zu Einsparungen geführt, während gleichzeitig dringend benötigte Investitionen ausblieben. Auch an diesem Punkt setzen die Vorschläge der Kommission an. Doch was soll sich konkret ändern?

Einteilung von Kliniken in Versorgungsstufen

Bisher bieten Krankenhäuser unterschiedliche Leistungen an und haben hierfür entsprechende Fachabteilungen gebildet. Meist waren dafür jedoch wirtschaftliche Erwägungen ausschlaggebend. Die Reform sieht vor, dieses System der Kliniken in Versorgungsstufen („Level“) mit einheitlichen Mindestanforderungen neu zu ordnen und gezielt zu finanzieren. Für Notfälle oder grundlegende chirurgische Eingriffe wäre die wohnortnahe Grundversorgung („Level 1“) zuständig. In weitere Stufen unterteilt würden Krankenhäuser, die eine Schwerpunktversorgung anbieten („Level 2“), oder, wie zum Beispiel Universitätskliniken, eine Maximalversorgung leisten („Level 3“).

Bezahlung zugeordnet nach Leistungsgruppen

Ebenfalls verbessern soll sich die Qualität durchgeführter Behandlungen oder Operationen. Zu diesem Zweck werden mit Blick auf deren Bezahlung Leistungsgruppen definiert und einzelnen Fachgebieten genauer als bisher zugeordnet. Das soll bewirken, dass künftig etwa Krebsbehandlungen in dafür auch tatsächlich zertifizierten Einrichtungen erfolgen. Das nimmt Krankenhäusern den Druck, immer mehr Fälle behandeln zu müssen, und gibt den dort versorgten Menschen mehr Sicherheit.

Zuletzt hatte die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) unter anderem die Behandlung von Brustkrebs in dafür nicht ausgestatteten Krankenhäusern kritisiert. Mehr als 40 Prozent dieser Kliniken, so der AOK-Bundesverband, seien dafür überhaupt nicht zertifiziert. Dabei sei die Sterblichkeit von Patientinnen in solchen Fällen deutlich höher.

Fester Betrag für Vorhaltekosten geplant

Auch an anderer Stelle will die Kommission festgefahrene Strukturen durchbrechen. So entstehen den Krankenhäusern etwa hohe Kosten für Personal und Medizintechnik oder für den Betrieb von Notaufnahmen. Obwohl diese Ausstattung nicht durchgängig im Einsatz ist, muss sie dennoch jederzeit verfügbar sein. Wie wichtig dies für die Daseinsvorsorge ist, zeigt nicht zuletzt die aktuelle Notlage auf vielen Kinderstationen (siehe unten). Künftig sollen Kliniken daher für entsprechende Fixkosten einen anteiligen Betrag erhalten.

Bundesländer müssen ihrer Verantwortung nachkommen

SoVD-Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer sieht darüber hinaus jedoch weiteren Reformbedarf. Deutlich kritisierte sie vor allem die strukturelle Unterfinanzierung von Krankenhäusern. An die für Investitionen zuständigen Länder appellierte Engelen-Kefer, ihrer Verantwortung endlich nachzukommen. Seit Jahren erhielten Kliniken von dieser Seite nur etwa die Hälfte der ihnen gesetzlich zustehenden Mittel. In der Folge müssten Einrichtungen immer wieder Gelder aus der Krankenversorgung abzweigen, wo diese dann fehlen.

SoVD: Kostendruck verschärft Pflegenotstand

Die von der Kommission gemachten Vorschläge sollen über einen Zeitraum von fünf Jahren schrittweise umgesetzt werden. Angesichts der umfangreichen Aufgabe erscheint das nachvollziehbar. Weitaus skeptischer bewertet der SoVD dagegen die Aussage von Bundesgesundheitsminister Lauterbach, wonach diese Reform ohne zusätzliche Gelder auskomme. Seit Jahren läuft der Verband Sturm gegen eine Sparpolitik, die den Pflege- und Personalnotstand immer weiter verschärft hat. Für den SoVD stehen Investitionen in eine moderne Krankenhausstruktur jetzt an erster Stelle, damit die Versorgung von Menschen wieder in den Mittelpunkt rückt. 


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