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Hilfe nach dem Schlaganfall

Der Schlaganfall ist mit 270.000 Betroffenen jährlich eine der großen Volkskrankheiten in Deutschland und gleichzeitig der häufigste Grund für Behinderungen im Erwachsenenalter. Vor allem bei der Nachsorge besteht nach Überzeugung der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Verbesserungsbedarf. Die SoVD-Zeitung sprach mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Michael Brinkmeier über das Projekt „Schlaganfall-Lotsen“, das derzeit in der Region Ostwestfalen-Lippe läuft.

Angela Winzmann mit ihrem Patienten Matthias Gockeln.
Schlaganfall-Lotsin Angela Winzmann auf Hausbesuch bei ihrem Patienten Matthias Gockeln, der nach seinem Schlaganfall nicht zuletzt dank ihrer Unterstützung 20 Kilo abnahm. Foto: Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe

Was ist ein Schlaganfall-Lotse bzw. eine -Lotsin?

Das ist ein Mensch, der bereits ans Krankenbett kommt und fragt: „Soll ich mich um Sie kümmern?“. Und das ein ganzes Jahr lang – wohlgemerkt professionell und nicht ehrenamtlich. Diese Person hilft Schlaganfallpatienten dabei, die zur Verfügung stehenden Angebote optimal zu nutzen.

Bisher muss ich also selber schauen, wie oder wo mir am besten geholfen wird?

Genau. Und jeder, der das im Bekannten- oder Familienkreis erlebt hat, sagt, dass es in der Akut- oder Rehaklinik noch gut lief. Ist man wieder zu Hause, sieht das oft anders aus. Man muss beispielsweise zur Ergotherapie, weiß aber nicht, dass man Anspruch auf eine Anschlussheilbehandlung hat.

Fehlt es also schlicht an der nötigen Information?

In Deutschland gibt es viele tolle Angebote, die aber leider nicht miteinander verknüpft sind. Wir können dankbar sein, dass es in sozialrechtlichen Belangen eine Organisation wie den SoVD gibt. Gleichzeitig haben Patienten aber auch medizinische Fragen. Hierbei hilft der Lotse ebenso weiter wie bei der Umstellung des Lebensstils. Denn wenn Betroffene zum Beispiel wieder mit dem Rauchen anfangen, dann wird es gefährlich und der nächste Schlaganfall ist häufig schon vorprogrammiert.

Lotsen haben also auch eine Mittlerfunktion zu den behandelnden Ärzten?

Die Lotsen sind auch aus ärztlicher Sicht eine willkommene Entlastung – solange die Zuständigkeiten klar voneinander abgegrenzt werden. Das ist ganz wichtig: Ein Lotse kann keinem Arzt etwas vorschreiben. Wenn aber ein Patient nach dem Schlaganfall zu seinem Hausarzt in die Praxis kommt, dann bereiten die Lotsen hierfür alle nötigen Unterlagen vor.

Unterstützen die Lotsen auch bei der Kommunikation mit anderen Stellen?

Ja, viele Menschen wissen zum Beispiel gar nicht, dass sie sich aktiv bei der Kasse melden müssen, um Leistungen zu bekommen. Das kann dazu führen, dass mehr Leistungen oder Aufenthalte in Rehakliniken beantragt werden. Aber unterm Strich ist eine optimale Rehabilitation für alle das Beste.

Welche Ziele verfolgt die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe dabei?

Uns kommt es darauf an, dass Menschen nach einer Erkrankung wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Dafür ist es wichtig, dass jemand an der Seite des Patienten steht, der sich kümmert. Das wollen wir am Beispiel der Krankheit Schlaganfall zeigen. Und da haben wir ganz tolle Rückmeldungen, die uns beflügeln.

Erhalten auch Angehörige eines Schlaganfallpatienten Hilfe und Unterstützung?

Natürlich. Schon bei einem leichten Schlaganfall ändert sich das Leben danach. Wer sich dann um einen Angehörigen kümmern muss, kann häufig nicht im gleichen Maße wie vorher berufstätig sein. Durch einen Lotsen lässt sich also auch hier vieles einfacher regeln.

Wo sollen denn die Lotsen herkommen, wenn schon jetzt Tausende Pflegekräfte fehlen?

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wir haben viele Bewerbungen von Menschen, die Lotse oder Lotsin werden wollen. Das sind oftmals Frauen, die zuvor in der Pflege gearbeitet haben. Die sagen ganz offen, dass sie froh sind, mal aus dem Schichtdienst rauszukommen. Andere schaffen es oftmals kräftemäßig nicht mehr, diesen schweren Job zu machen. Das ist also ein Werbefaktor für die Pflege – gerade auch für junge Menschen, wenn die wissen, dass es mit ihrer wertvollen Erfahrung später auch noch andere Optionen gibt.

Man kann sich als Lotsin oder Lotse also beruflich neu orientieren?

Wir sind sehr viel im Gespräch mit Pflegekräften. In unserem Team haben wir beispielsweise auch eine Physiotherapeutin, die Probleme mit dem Handgelenk hat. Sie kennt sich aber mit den neurologischen Fragen natürlich sehr gut aus und ist jetzt eine begeisterte Lotsin.


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