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System selbst ein „Notfallpatient“

Gesundheitsfonds: vorgezogene Millionenhilfe aus SoVD-Sicht nur erster Schritt.

Pflegekräfte laufen durch Gang im Krankenhaus.
Die gesetzliche Krankenversicherung steckt so tief in den roten Zahlen, dass Regierungsmitglieder sogar von einem Notfall sprechen. Foto: gpointstudio / Adobe Stock.

Dass es in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) an Geld fehlt, ist nicht neu. Bisher reagierte die Politik auf die steigenden Ausgaben der Krankenkassen fantasielos und ließ hierfür die Versicherten zahlen. Diesen Weg will Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zunächst nicht weitergehen. Sie diagnostizierte, das GKV-System selbst sei ein „Notfallpatient“, und verordnete als Therapie eine Steuerspritze in Höhe von 800 Millionen Euro.

Erst vor Kurzem übernahm Nina Warken die Amtsgeschäfte von ihrem glücklosen Vorgänger Karl Lauterbach (SPD). Das erste Fazit der 46-Jährigen fiel ernüchternd aus. Die Lage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), sagte sie, sei noch dramatischer als angenommen.

Steigende Ausgaben setzen Kassen unter Druck

Warkens Analyse der Situation ist leider zutreffend: Im vergangenen Jahr haben die Krankenkassen insgesamt über sechs Milliarden Euro mehr ausgegeben, als ihnen an Einnahmen zur Verfügung gestanden hätten. Verantwortlich für dieses Defizit waren neben gestiegenen Personalkosten vor allem höhere Ausgaben für Behandlungen im Krankenhaus sowie für Arznei- und Heilmittel.

Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit, warnte vor dramatischen Folgen. Die Finanzlage der Kassen, so Storm, habe sich von schlecht zu katastrophal entwickelt. Der frühere Bundestagsabgeordnete sagte, viele Kassen stünden bereits am Rande der Insolvenz. Die wenigen verbliebenen Reserven der GKV fresse das hohe Defizit nun nahezu auf.

Höhere Zusatzbeiträge möglichst vermeiden

Ein „Weiter so“ darf es auch aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes, der zentralen Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland, nicht geben. Andernfalls, so die Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer, würden die Zusatzbeiträge für die Versicherten über kurz oder lang „durch die Decke gehen“.

Tankanzeige von „Reserve“ auf „kurz vor leer“

Um auf finanzielle Schwankungen reagieren zu können, müssen die Krankenkassen Rücklagen bilden. Diese gesetzlich vorgesehene Mindestreserve beträgt 20 Prozent einer durchschnittlichen Monatsausgabe. Gesammelt wird das Geld im Gesundheitsfonds, in den alle Zahlungen der Versicherten fließen, bevor sie von dort nach festgelegten Kriterien an die einzelnen Kassen gehen. Mit Blick auf diesen „Notgroschen“ schlug Pfeiffer jetzt Alarm. Die Reserve, so die Chefin des Spitzenverbandes der Kassen, sei auf sieben Prozent zusammengeschrumpft.

Steuergelder vom Bund kommen früher als geplant

Für genau diesen Fall gibt es Mechanismen, mit denen man sicherstellt, dass die Krankenkassen zahlungsfähig bleiben. Konkret kann etwa der Bund Teile seines jährlichen Steuerzuschusses in Höhe von zuletzt 14,5 Milliarden Euro vorziehen. Auf dieses Vorgehen einigten sich Mitte Mai Gesundheits- und Finanzministerium und beschlossen, dem Gesundheitsfonds 800 Millionen Euro aus Steuermitteln vorzeitig zur Verfügung zu stellen. 

Das Auffüllen der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds war aus Sicht des SoVD unausweichlich. Für den Verband steht fest, dass nun dringend weitere Sofortmaßnahmen folgen müssen. Und mit diesen, stellte Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier unmissverständlich klar, könne man anders als im Koalitionsvertrag vorgesehen keinesfalls bis zum Frühjahr 2027 warten. 

SoVD fordert Anpassung des Bundeszuschusses zur GKV

Die Vorschläge des SoVD hierzu liegen auf dem Tisch. So muss nach Überzeugung des Verbandes etwa der Bund endlich seiner Verantwortung für versicherungsfremde Leistungen gerecht werden und hier einen Ausgleich schaffen. Allein die Mitversicherung von Menschen im Bezug von Bürgergeld verursacht innerhalb der GKV Kosten von rund zehn Milliarden Euro pro Jahr. Um Druck aus dem System zu nehmen, steht die Regierung daher in der Pflicht, den Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung wie auch zur sozialen Pflegeversicherung anzupassen und jährlich zu dynamisieren.

Nina Warken ist noch neu in ihrem Amt als Bundesgesundheitsministerin. Doch höhere Beiträge für die Versicherten, das machte sie bereits deutlich, will sie unbedingt verhindern. Das sieht der SoVD genauso. Erst zu Beginn dieses Jahres hatten viele Krankenkassen ihre Sätze kräftig anheben müssen. Einen weiteren Anstieg und höhere Zusatzbeiträge gilt es deshalb unbedingt zu verhindern.


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