Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, benötigen über konkrete Hilfestellungen hinaus auch seelischen Zuspruch. Im Alltag fehlt hierfür allerdings häufig die Zeit. Doch auch die Gefühle und Bedürfnisse der Pflegenden selbst kommen oftmals zu kurz. Das kann schnell zur Überlastung führen. Der SoVD fordert daher bessere Arbeitsbedingungen in der beruflichen sowie mehr Unterstützungsangebote in der häuslichen Pflege.
Die Fähigkeit zur Empathie ist eine wichtige Grundlage menschlichen Miteinanders. Sie lässt uns am Schicksal anderer teilhaben und zeigt diesen, dass wir sie in ihrer konkreten Situation wahrnehmen. Wer eine andere Person pflegt, ob nun im Krankenhaus, in einer stationären Einrichtung oder auch in den eigenen vier Wänden, kommt ohne ein gewisses Einfühlungsvermögen meist nicht weit.
Sich die Bedürfnisse und Gefühle anderer erschließen zu können, ist also eine zentrale Voraussetzung pflegerischer Arbeit. Umgekehrt erwarten Menschen, die aufgrund einer Erkrankung oder altersbedingter Einschränkungen auf Hilfe angewiesen sind, dieses Mitgefühl auch von ihrer Umwelt.
Wer unter Zeitdruck pflegt, hat kaum Zeit für Gespräche
Nicht selten fällt es gerade Pflegebedürftigen schwer, sich in ihre Situation einzufinden. Bedürfnisse, die sie selbst nicht mehr erfüllen können, erhalten in ihrem Alltag einen immer größeren Stellenwert. Betroffene fühlen sich in der Folge schnell hilflos und einsam. Ein zugewandter Austausch mit dem Pflegepersonal oder Angehörigen könnte einen Großteil der Frustration auffangen. Hierbei kommt jedoch der Faktor Zeit ins Spiel.
Nicht nur Pflegende kennen das: Es gibt immer etwas zu tun. Im privaten Bereich stehen speziell Angehörige dabei vor der Herausforderung, nebenher noch das eigene Leben zu organisieren und eventuell noch einer bezahlten Beschäftigung nachzugehen. Auch Pflegefachkräfte stehen bei ihrer Arbeit eigentlich ständig unter Zeitdruck. Das wirkt sich keineswegs nur auf die von ihnen betreuten Menschen aus.
Mitgefühl ist wichtig, kann aber auch belasten
Analysen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zeigen die gesundheitlichen Folgen einer hohen Belastung durch Stress. Demnach treten etwa psychische Erkrankungen in der Pflege nahezu doppelt so häufig auf wie in allen anderen Berufsgruppen. Auch die Zahl der Krankmeldungen liegt deutlich über dem Durchschnitt. Wie lässt sich daran etwas ändern?
Menschen, die sich in der Pflege engagieren, möchten ja prinzipiell anderen helfen und dabei auch an deren Schicksal Anteil nehmen. Das kann jedoch im Fall von Angehörigen aufgrund der persönlichen Beziehung schwierig werden. Beruflich Pflegende dagegen treffen auf ihnen fremde Personen. Sie sind allerdings jeden Tag mit so vielen verschiedenen Lebensgeschichten konfrontiert, dass auch sie mit ihrem Mitgefühl recht bald an Grenzen stoßen.
Pflegende sollten eigene Bedürfnisse ernstnehmen
Der Bonner Pflegewissenschaftler Andreas Kocks warnt daher vor einer „unreflektierten Empathie“. Er rät Pflegenden dazu, auch die eigenen Bedürfnisse nicht außer Acht zu lassen (siehe Interview auf dieser Seite). Kocks war an der Entwicklung des Entlastungskonzeptes empCARE beteiligt, mit dem Pflegekräfte lernen können, empathisch für andere zu sein, ohne sich dabei selbst aus dem Blick zu verlieren. Eine bessere Selbstwahrnehmung, so das Ergebnis zahlreicher Schulungen, wirkte sich insgesamt positiv auf die Gesundheit aller am Pflegeprozess Beteiligten aus. Ein ähnliches Angebot für Angehörige hält die AOK mit dem „Familiencoach Pflege“ bereit.
SoVD: Politik muss mehr Unterstützung anbieten
Vollmundige Versprechungen gab es in den letzten Jahren viele, passiert ist jedoch aus Sicht des SoVD zu wenig. Der Verband setzt sich deshalb weiterhin für mehr Angebote zur Entlastung und Unterstützung in der häuslichen Pflege ein. Hierzu gehört insbesondere der Ausbau und die Stärkung der Tages- und Verhinderungspflege.
Auch der Personalnotstand bleibt ein Problem. Besonders in der Altenpflege muss die Politik daher endlich bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen schaffen. Joachim Schöne
Informationen zum Selbsthilfeprogramm der AOK gibt es unter: www.familiencoach-pflege.de.
Kommentare (0)
Sei der erste der kommentiert
Neuen Kommentar schreiben