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Zwangsrente bei Hartz IV wird abgeschafft

Aktuelles Rente Armut

Sie bekommen Arbeitslosengeld II und sind über 63? Dann konnte das Jobcenter Sie bisher - unter bestimmten Voraussetzungen - in die Altersrente schicken. Ob Sie wollen oder nicht. Doch das soll bald anders sein.

Zwangsrente bei Hartz IV wird abgeschafft

So sieht es ein neuer Gesetzentwurf zum Bürgergeld vor. Diseser besagt: Ab dem 01.01.2023 - also mit der offiziellen Umwandlung von "Hartz IV" zum Bürgergeld - sollen die sogenannten Zwangsverrentungen durch das Jobcenter der Vergangenheit angehören. Erst einmal. Denn während es im Referentenentwurf noch hieß, dass diese Praxis komplett abgeschafft werden soll, steht im Gesetzentwurf lediglich etwas von einem Moratorium - also einer Pause, in der es keine Zwangsverrentungen geben darf.

Bis 2027 keine Zwangsverrentung durch das Jobcenter

Konkret heißt es unter § 12a SGB II nun im Gesetzentwurf:

"Für die Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 findet Satz 2 Nummer 1 mit der Maßgabe Anwendung, dass Leistungsberechtigte nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen."

Wie das Prozedere im Anschluss weitergehen soll, wissen wir noch nicht. Die Politik hat sich mit dieser Formulierung eine Hintertür gelassen, mit der das Instrument der Zwangsrente ab 2027 wiederbelebt werden kann.

Darf mich das Arbeitsamt in die Rente zwingen?

Ab 2023 also keine Zwangsrente mehr durch das Jobcenter. Aber wie ist es heute?

Falls Sie das 63. Lebensjahr vollendet haben und die 35-jährige Wartezeit in der Deutschen Rentenversicherung erfüllen, darf das Jobcenter Sie zu einem Rentenantrag auffordern. Hintergrund ist: Sie könnten nun die Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch nehmen - eine der drei gängigen Varianten der vorgezogenen Altersrente.

Das Problem ist nur: Bei dieser Rentenart kostet der vorzeitige Ruhestand bares Geld. 0,3 Prozent pro Monat. Gerechnet ab der Regelaltersgrenze.

Wenn Sie also eigentlich bis 66 arbeiten müssen - als Beispiel für den Jahrgang 1958 - dann müssten Sie mit einer dauerhaften Kürzung in Höhe von 10,8 Prozent leben. 36 Monate x 0,3 Prozent Abschlag. Freiwillig würde das wohl kaum ein Bezieher von Arbeitslosengeld II tun. Doch über die Zwangsverrentung kann das Jobcenter Sie zu diesem Schritt drängen.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Aber schon heute gelten einige Ausnahmen. Wenn auch nur einer dieser Punkte auf Ihre Situation zutrifft, brauchen Sie sich wegen des Instruments der Zwangsrente keine Sorgen zu machen. Konkret handelt es sich um folgende drei Punkte, die aus der sogenannten "Unbilligkeitsverordnung" hervorgehen.

  1. Sie bekommen zusätzlich zum ALG II auch Arbeitslosengeld I. Sie sind also ein "Aufstocker".
  2. Innerhalb der nächsten drei Monate könnten Sie auch ohne Abschlag in Rente gehen. Entweder mit Schwerbehinderung oder nach 45 Versicherungsjahren.
  3. Ihre vorgezogene Rente mit Abschlägen wäre so niedrig, dass Sie diese beim Sozialamt aufstocken müssten.

Diese Ausnahmen bewahren Sie schon heute vor einer Zwangsverrentung durch das Jobcenter. Ab 2023 ist diese Maßnahme dann für alle Leistungsbezieher aus dem Spiel. Zumindest erst einmal bis 2027.

Zwangsrente nur im Jobcenter

Noch ein wichtiger Hinweis: Viele Menschen, die unsere Sozialberatung nutzen, unterscheiden nicht zwischen Arbeitsagentur und Jobcenter. Das ist aber notwendig, wenn wir über die Zwangsrente sprechen. Denn wer Arbeitslosengeld I erhält und folglich bei der Arbeitsagentur betreut wird, kann nicht in die Altersrente gedrängt werden. Niemals.

Bis Ende des Jahres ist das nur möglich, wenn Sie Arbeitslosengeld II beziehen - also "Hartz IV". Dieses wird durch das Jobcenter gezahlt. Und in dieser Behörde kann man Sie - Stand heute - auch noch in die Rente komplimentieren. Zumindest dann, wenn Sie mindestens 63 Jahre alt sind und keine der oben genannten Ausnahmen auf Sie zutrifft.