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Nochmal Krankengeld: Darf ich zwischendurch zum Arzt?

Aktuelles Behinderung Gesundheit

Wer langfristig erkrankt, bekommt häufig auch finanzielle Schwierigkeiten. Eine Hürde ist zum Beispiel das Auslaufen des Krankengeldes. Normalerweise können Sie im Anschluss Arbeitslosengeld oder eine Rente beziehen. Viele Menschen hoffen jedoch darauf, ein zweites Mal Krankengeld zu erhalten. Doch das ist gar nicht so einfach.

Nochmal Krankengeld: Darf ich in der Zwischenzeit zum Arzt?

Das Krankengeld ist eigentlich eine gute Sache. Denn wenn Sie länger als sechs Wochen krank sind, muss Ihre Firma kein Gehalt mehr zahlen. Damit Sie jetzt nicht mittellos dastehen, hat der Gesetzgeber das Krankengeld eingeführt. Nun werden Sie gewissermaßen von Ihrer Krankenversicherung dafür bezahlt, dass Sie wieder gesund werden. Sie bekommen zwar nicht so viel Geld wie zuvor im Job, aber in der Regel kommen Sie erst einmal über die Runden.

Wie lange gibt es Krankengeld?

Streng genommen können Sie für ein und dieselbe Erkrankung bis zu 78 Wochen Krankengeld beziehen. Allerdings bekommen die meisten Patienten lediglich 72 Wochen lang Geld von Ihrer Kasse. Denn: Die sechs Wochen, in denen Ihr Chef im Krankheitsfall weiter Gehalt zahlt - die sogenannte Lohnfortzahlung - wird hier mit angerechnet.

Außerdem ist wichtig: Diese maximal 78 Wochen Krankengeld werden in einem dreijährigen Zeitrahmen ausgezahlt. Hier spricht man von der "Blockfrist". An dieser Stelle ist es sinnvoll, wenn Sie zunächst das folgende Video anschauen:

Die Blockfrist beginnt ab dem Tag, an dem Sie wegen der relevanten Erkrankung zum ersten Mal beim Arzt gewesen sind. Egal, was nun passiert: Sie läuft genau drei Jahre lang. Auch wenn Sie nach einer Woche wieder fit sind und erst einmal wieder arbeiten gehen.

Kurzes Zwischenfazit: Wenn Sie also schwer krank werden, bekommen Sie erst einmal sechs Wochen Lohnfortzahlung von der Firma. Anschließend übernimmt die Krankenversicherung mit dem Krankengeld. Innerhalb eines zeitlichen Rahmens von drei Jahren können Sie das maximal 72 Wochen beziehen. Also rund anderthalb Jahre.

Nach eineinhalb Jahren immer noch krank ...

Man muss nicht gut in Mathe sein, um das Problem zu sehen: Wer am Stück eineinhalb Jahre krank ist, muss nun warten, bis die Blockfrist abgelaufen ist. Vorher gibt es nicht noch einmal Krankengeld. Das dauert dann also noch einmal weitere 18 Monate.

Im echten Leben verlegen sich die Menschen in dieser Situation nicht aufs Warten, sondern melden sich bei der Arbeitsagentur. Obwohl sie noch einen Job haben. Obwohl sie noch krank sind. Trotzdem ist das Arbeitsamt nun die Stelle, an der es finanziell für Sie weitergeht. Zumindest in den allermeisten Fällen.

Weil die Sache in der Praxis nicht ganz unkompliziert ist, haben wir zu dieser speziellen Sache ein Video produziert:

Wenn die Krankheit gar nicht enden will, kann es am Ende - oder manchmal auch recht schnell - auf eine Erwerbsminderungsrente hinauslaufen. Falls Sie sich in einer solchen Lage befinden, empfehlen wir dringend eine persönliche Beratung. Zum Beispiel beim SoVD.

Nach drei Jahren noch einmal Krankengeld

Doch es gibt sie auch: Die Fälle, in denen nach dem Ablauf der dreijährigen Blockfrist noch einmal Krankengeld bezogen wird. Vielleicht weil das Arbeitslosengeld erschöpft ist, aber kein Anspruch auf eine Rente besteht.

In jedem Fall ist es theoretisch möglich, für die gleiche Erkrankung noch einmal Krankengeld zu erhalten. Dazu müssen drei Kriterien zutreffen:

  1. Die erste Blockfrist ist abgelaufen. Nun beginnt eine neue - ebenfalls wieder für drei Jahre.
  2. In der Zwischenzeit muss der Patient mindestens sechs Monate gearbeitet oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden haben.
  3. Und: Der Patient darf sechs Monate lang NICHT aufgrund der relevanten Erkrankung arbeitsunfähig gewesen sein.

Jetzt stellt sich eine wichtige Frage - und zwar zu Punkt 3: Darf man sich sechs Monate lang nicht krankschreiben lassen? Oder ist es noch strenger - und man darf mindestens ein halbes Jahr nicht zum Arzt wegen dieser Erkrankung?

Um das zu beantworten, schauen wir einmal ins Gesetz - in den Paragraphen § 48 im Sozialgesetzbuch (SGB) V. Hier heißt es in Absatz 2:

Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für achtundsiebzig Wochen Krankengeld bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate

1. nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und

2. erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.

Wichtig ist der erste Punkt. Man darf also sechs Monate lang "wegen dieser Krankheit" nicht "arbeitsunfähig" gewesen sein. Das heißt auf Deutsch: Nicht krankschreiben lassen!

"Für ein zweites Krankengeld müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Unter anderem darf man sich sechs Monate lang NICHT krankschreiben lassen!"

Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein

Nicht krankschreiben lassen. Hier ist nirgendwo die Rede davon, dass man nicht zum Arzt gehen darf. Dieser Unterschied ist wichtig. Dazu ein Beispiel:

Roland aus Heide leidet an einer Depression. Er ist schon viele Jahre in Behandlung, zwischendurch auch stationär. In dieser Zeit hat er unter anderem eineinhalb Jahre Krankengeld bezogen.

Nun hat eine neue Blockfrist begonnen. Roland besucht seinen Psychologen ununterbrochen, erhält dort Medikamente und seine Psychotherapie. Er wird jedoch nicht krank geschrieben.

Folglich könnte er - wenn alle anderen Kriterien erfüllt sind - ein zweites Mal Krankengeld für seine Depression erhalten.

Fazit

Um zweimal für dieselbe Erkrankung Krankengeld zu beziehen, muss vor allem eine neue Blockfrist begonnen haben. Außerdem müssen Sie in der Zwischenzeit mindestens für ein halbes Jahr gesund gewesen sein. Zumindest auf dem Papier. Sie dürfen sich in dieser Phase nicht krankschreiben lassen. Auch wenn das völlig widersinnig klingt.

Auch aus diesem Grund empfehlen wir in solchen Fällen unbedingt eine unabhängige Beratung. Die finden Sie entweder bei einem Fachanwalt für Sozialrecht oder eben beim SoVD. Den gibt es in ganz Deutschland.


Kommentare (8)

  • user
    Heinz Wuchtig
    am 29.04.2024

    Ich hätte in diesem Zusammenhang eine Verständnissfrage

    Beziehen sich die 6 Monate Tätigkeit nur auf die Zeit nach Beginn der

    neuen Blockfrist oder reichen auch 6 Monate Tätigkeit innerhalb der Blockfrist um wieder Anspruch auf Krankengeld wegen der gleichen Diagnose zu haben. ?

    MfG

    • user
      Christian Schultz
      am 29.04.2024

      Es ist beides möglich.

      • user
        Heinz Wuchtig
        am 29.04.2024

        Sehr geehrter Herr Schulz!

        Vielen Dank für die schnelle Antwort.

        Ich hoffe dass ich die Antwort richtig verstanden habe.

        Innerhalb der Blockfrist habe ich 78 Wochen Krankengeld erhalten.

        Ich wurde nie Ausgesteuert und war die ganze Zeit über erwerbstätig.

        In jedem Fall sogar länger als 6 Monate nicht auf diese Krankheit Krankgeschrieben.

        Demnach hätte ich nach Beginn der neuen Blockfrist Anspruch auf Krankengeld bei gleich Diagnose.

        MfG

        • user
          Christian Schultz
          am 29.04.2024

          Das klingt zumindest so. Aber ganz sicher können wir das hier im Forum nicht beantworten. Dafür braucht es aber in jedem Fall eine persönliche Beratung. Es kommt selten vor, dass die Kasse wirklich zweimal Krankengeld zahlt.

  • user
    Uwe Hafke
    am 31.08.2023

    Hallöchen, 30.08.2023

    meine 0dysee beginnt Ende Juli 23. Ein R. Brustkorb Sturz auf einem Metall Schraubstock. 4 Rippen gebrochen. (Serienbruch)

    4 August 23 nächster Sturz l. Hüftgelenk Trümmer Bruch. Höllischen Schmerzen.

    4 Tag Krankenhaus Heimreise wurde verordnet. Beim Aufstehen Kugelgelenk wieder ausgekugelt. Höllische Schmerzen gehen weiter.

    3 Tage später Trotz erheblichen Schmerzen, Krankenhaus sagt ab nach Hause obwohl ich aus Angst zu Stationären Rehabilitation wollte.

    Ambulante Reha wurde für mich vorbereitet und verordnet. Zur Physiotherapie erster Termin zu Hause eine Woche Wartezeit. Man hat ja erhebliche Angst wieder etwas verkehrt zu machen.

    Nach ca. 1 Woche meinen ersten Reha Termin zu Hauses, bekommen. Nach der dritten Anwendung ist mir beim Rehabilitation -Antrag ausfüllen, wieder das gleiche passiert. Ich möchte vom Tisch Aufstehen die Höllichen Schmerzen

    werden noch schlimmer. Willkommen auf der Erde zwischen Tisch und Couch. 3 x Ausgekugelt. Meine Angst wird immer größer.

    Jetzt wieder im Krankenhaus, mit Voll Narkose eingerenkt.

    Erst heute 30.8.23 nun soll morgen eine erneute 0paration erfolgen.

    Der Plan den ich soweit verstehe, Hüftgelenk Pfanne fixieren, befestigen Neues - Kugelhüftgelenk Winkel Funktion herstellen & ausrichten. ( Befestigungen wie?)

    Ich weiß nicht wie es weitergehen soll.

    SWM Uwe H.

    • user
      Christian Schultz
      am 31.08.2023

      Hallo Uwe, bei sozialrechtlichen Fragen helfen meine Kollegen gern weiter: https://www.sovd-sh.de/beratung/sozialberatung/informationen

      Für die Gesundheit wünsche ich Ihnen, dass die Ärzte schnell einen Weg finden, Ihnen zu helfen. Alles Gute für Sie!

  • user
    Martin Petry
    am 31.08.2023

    Guten Tag,

    vor nunmehr 13 Tagen habe ich mich bei ihnen registriert und per e Mai als auch telefonisch bei ihrer Niederlassung Kaiserslautern um Hilfe ersucht.

    Bei anrufen in Berlin wird der Hörer aufgelegt!

    Ich bitte, auf diesem Wege nun nochmals um Hilfe. Falls sie diese nicht leisten Können, trete ich auf diesem Wege von meiner Mitgliedschaft zurück

    Bitte bestätigen sie diese Mail

    • user
      Christian Schultz
      am 31.08.2023

      Hallo Martin, das klingt ja nicht gerade erbaulich. Und es tut mir leid, dass der Start beim SoVD in Rheinland-Pfalz so schleppend verlaufen ist. Leider kann ich von Kiel aus nichts unternehmen - bitte wenden Sie sich noch einmal direkt an den Landesverband in Ihrem Bundesland: https://www.sovd-rlp-saarland.de/beratung/beratung

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