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Diese 3 Punkte sollten Sie VOR dem Antrag zur EM-Rente klären

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Im Jahr 2020 gingen bei der Deutschen Rentenversicherung über 300.000 neue Anträge für die volle EM-Rente ein. Rund die Hälfte davon wurde abgelehnt - aus unterschiedlichen Gründen. Doch so mancher Rohrkrepierer lässt sich durch eine gute Vorbereitung verhindern. Deswegen sollten Sie VOR jedem Antrag zur EM-Rente zunächst drei Punkte klären.

Diese 3 Punkte sollten Sie VOR dem Antrag zur EM-Rente klären

Die weitaus meisten Anträge zur Erwerbsminderungsrente wurden abgelehnt, weil die betroffenen Patienten mehr als drei bzw. sechs Stunden am Tag arbeiten konnten - zumindest nach Auffassung der Deutschen Rentenversicherung. Ein nicht unerheblicher Anteil aller Absagen kam aber auch aus anderen Gründen zustande.

Auch in der Sozialberatung des SoVD ist die EM-Rente ein Thema, an vielen Standorten nahezu täglich. Das Problem: Viele Menschen kommen erst in die Beratung, wenn der Antrag bereits abgelehnt wurde. In vielen Fällen kann man dann zwar noch etwas machen, unter anderem durch einen Widerspruch. Aber eines ist gewiss: Es ist bereits eine Menge Zeit verloren gegangen. Und das kann schwerwiegende finanzielle Folgen haben.

Vor diesem Hintergrund veröffentlichen wir diesen Beitrag auch in eigener Sache. Damit wir Ihnen besser helfen können. Bitte kümmern Sie sich unbedingt vor dem eigentlichen Antrag darum. Beschäftigen Sie sich mit diesen drei Fragen.

1. Sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt?

Immerhin 29.000 Anträge wurden im Jahr 2020 abgelehnt, weil die Wartezeit nicht ausreichte. In diesem Fall sollte man niemals einen Antrag stellen - er bedeutet für die Rentenversicherung nur zusätzliche (und sinnlose) Arbeit. Und für Sie selbst unnötigen (und überflüssigen) Stress.

Merken Sie sich als einfache Faustformel: Um überhaupt Aussichten auf eine volle Erwerbsminderungsrente zu haben, müssen Sie mindestens fünf Jahre in der Deutschen Rentenversicherung versichert sein. Darüber hinaus benötigen Sie 36 Monate Pflichtversicherungszeit - und zwar in den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung.

5 Jahre Versicherungszeit. Und in den letzten 5 Jahren 3 Jahre Pflichtbeiträge. 5-5-3 - über diese Zahlenkombination lassen sich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zur Erwerbsminderungsrente gut merken. Für bestimmte Personengruppen gibt es zwar Ausnahmen, doch die sind relativ selten.

2. Wie viel Geld würde ich bekommen?

Die durchschnittliche Zahlung bei voller Erwerbsminderung lag 2019 bei 805,63 Euro. Aktuellere Zahlen hat die Deutsche Rentenversicherung noch nicht veröffentlicht. Das ist nicht viel. Vor allem wenn die EM-Rente Ihr altes Gehalt ersetzen soll.

Vor dem Antrag sollten Sie deshalb in jedem Fall Ihre Renteninformation studieren. Die kommt jedes Jahr automatisch mit der Post, und hierin finden Sie auch Angaben über die mögliche Höhe einer Erwerbsminderungsrente. Aber eines gilt es zu beachten: Sie sind unter 63? Dann wird Ihre EM-Rente anteilig gekürzt - mehr dazu hier.

Bei der Frage nach der Rentenhöhe sollten Sie sich auch mögliche Alternativen anschauen. Gibt es andere Sozialleistungen, die man stattdessen erst einmal auszreizen könnte? Zum Beispiel Arbeitslosengeld? Spätestens an dieser Stelle lohnt sich eine professionelle Beratung.

"Sollte die Erwerbsminderungsrente überhaupt beantragt werden? Um diese Frage fundiert zu beantworten, sollten Sie sich sozialrechtlich beraten lassen."

Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein

3. Sind Ihre gesundheitlichen Einschränkungen "schlimm genug"?

Wie bereits eingangs erwähnt: Die meisten Anträge zur EM-Rente werden abgelehnt, weil aus sozialmedizinischer Sicht keine Erwerbsminderung vorliegt. Sie können also noch mehr als drei Stunden pro Tag arbeiten. Vielleicht nicht mehr in Ihrem aktuellen Job, aber zumindest theoretisch.

Im wirklichen Leben ist diese Frage immer umstritten. Wie schwer ist die Erkrankung? Was bedeutet das für den Alltag und das Berufsleben? Nicht selten haben mehrere Ärzte völlig unterschiedliche Meinungen.

Und doch gibt es Anzeichen, schon VOR dem Antrag zur EM-Rente eine Prognose abzugeben. Vielleicht waren Sie kürzlich in einer Reha? Haben Sie in den letzten Monaten Ihre Fachärzte aufgesucht? Gibt es hierüber Unterlagen? Nicht für jeden Fall kann man eine Einschätzung darüber abgeben, ob tatsächlich Erwerbsminderung vorliegt. Trotzdem sollten Sie sich über diese Frage VOR dem Antrag zur Rente unbedingt mit einem Experten austauschen. Das kann erst einmal Ihr Hausarzt sein. Besser wäre jedoch ein Fachanwalt für Sozialrecht oder eben der SoVD.

Auf diese Weise kann das Risiko eines sinnlosen Antrags zumindest verkleinert werden.

Fazit

Wenn Sie unseren Blog regelmäßig verfolgen, wissen Sie: Über dieses Thema berichten wir nicht zum ersten Mal. Und zwar deswegen, weil wir in unserer Sozialberatung immer wieder mit den negativen Auswirkungen von nicht bedachten Anträgen zur Erwerbsminderungsrente konfrontiert sind.

Darum empfehlen wir: Überlegen Sie sich einen Antrag zur EM-Rente bereits im Vorwege. Informieren Sie sich über den Stand Ihres Rentenkontos, holen Sie die Meinung eines Experten zu möglichen Alternativen ein. Und sprechen Sie mit Ihrem Arzt. Wenn auch danach noch alle Wege in Richtung Erwerbsminderungsrente weisen - dann stellen Sie den Antrag.


Kommentare (13)

  • user
    Mia
    am 11.02.2024

    Sehr geehrter Herr Schultz,

    ich war ungefähr für 59 Wochen krank geschrieben und stand die ganze Zeit in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis.

    Ich habe dann meinen Job aus der Krankheit heraus gekündigt und einen neuen angefangen, weil es mir zu dem Zeitpunkt wieder besser ging und vor dem Eintritt meines neuen Jobs noch 3 Wochen Urlaub genommen habe (also nicht mehr krank geschrieben war.)

    Mir geht es mittlerweile so schlecht, dass ich nicht mehr arbeiten kann bzw. mich mit letzter Kraft zur Arbeit schleppe.

    Meine Ärztin befürwortet eine Kündigung und rät mir schnellst möglich den Job aufzugeben.

    Welche Anspruch an Leistungen kann ich nach meiner Kündigung beziehen, wenn ich krank geschrieben werde und keinen Job mehr habe?

    1.Krankengeld ohne Job ?

    2. Arbeitslosengeld, wenn ich zuvor 59 Wochen krank war und dem Arbeitsmarkt aufgrund von Krankheit nicht zur Verfügung stehe (davor durchgängig 10 Jahre im selben Beruf beim selben Arbeitgeber berufstätig)?

    3. Bürgergeld, wenn ich krank bin?

    Ich hoffe Sie können mir kurzfristig eine Rückmeldung geben. Vielen herzlichen Dank

    • user
      Christian Schultz
      am 12.02.2024

      Hallo Mia, wie immer muss ich an dieser Stelle sagen, dass wir hier keine individuellen Einschätzungen abgeben können. Ohne Einsicht in Ihre Unterlagen wäre das unseriös.

      Generell ist es so, dass Sie auch ohne Job Anspruch auf Krankengeld haben. Dann bekommen Sie im Krankheitsfall zunächst die Lohnfortzahlung. Und sobald der Arbeitsvertrag ausgelaufen ist, zahlt die Krankenkasse.

      Aber ob das in Ihrem Fall nun sinnvoll ist, selbst eine Kündigung auszusprechen, weiß ich natürlich nicht. Ich empfehle Ihnen in jedem Fall eine individuelle Beratung.

  • user
    Christine Lorenz
    am 03.11.2023

    Hallo Herr Schulz, ich beziehe seit 01/2019 eine unbefristete Teilerwerbsminderungsrente.

    Ich erhalte seit diesem Zeitpunkt keine Renteninformation mehr.

    Da ich noch 25 Stunden die Woche arbeite, erwirtschafte ich dich dadurch doch noch Entgeltpunkte oder?

    Warum gibt es also keine Information mehr.

    Hintergrund meiner Frage ist folgender:

    ich bin derzeit auf Reha und es stellt sich nun die Frage der vollen Erwerbsminderungsrente.

    Da ich aber gar nicht weiß, wie viel mir zusteht ist die Entscheidung für mich sehr schwierig. Kann man davon ausgehen, dass die volle Erwerbsminderungsrente einfach die doppelte Summe der Teilerwerbsminderungsrente ist?

    Oder wird da noch etwas hochgerechnet?

    Herzlichen Gruß Christine

    • user
      Christian Schultz
      am 06.11.2023

      Hallo Christine, warum es ab dem Bezug einer EM-Rente keine jährliche Renteninformation mehr gibt, kann ich Ihnen nicht sagen. Das ist leider so.

      Aber natürlich kommen durch Ihre berufliche Tätigkeit weitere Entgeltpunkte auf Ihr Rentenkonto. Und bei der voraussichtlichen Höhe können Sie ungefähr mit der doppelten Höhe Ihrer halben EM-Rente rechnen. Die DRV kann Ihnen das auf Nachfrage aber ganz konkret aufschlüsseln.

  • user
    Sabine H.
    am 23.08.2023

    Hallo Herr Schulz,

    Im Frühjahr 2023 wurde ich ohne Schwierigkeiten ausgesteuert, ihr Buch war hierbei sehr hilfreich, ganz herzlichen Dank dafür! Aktuell bin ich in Reha und es deutet sich an, dass von ärztlicher Seite aus der Klinik keine vollständige Erwerbsminderung empfohlen wird, ich werde jedoch keine 3 Stunden täglich arbeiten können. Habe ich irgendeine Chance, der medizinischen Leistungsbewertung vonseiten der Rehaklinik zu widersprechen?

    Vielen Dank und besten Gruß,

    Sabine

  • user
    Achim Heitmeyer
    am 15.07.2023

    Hallo Herr Schulz,

    ich bin seit September 2022 in voller EM. Seit Juni 2023 übe ich zusätzlich zu meiner EM eine geringfügige Tätigkeit von 20 Stunden im Monat aus. Diese Entscheidung habe ich getroffen, da diese Zeit bei der RV-Bund voll als Beitragszahlender angerechnet wird und ich so in zwei Jahren den Status als "45 Jahre besonders lang Versicherter" erhalte. Habe ich in zwei Jahren die Möglichkeit früher in die reguläre Altersrente zu gehen bzw. besteht die Möglichkeit ebenfalls ohne Abschläge mit 63 von der EM in die reguläre Altersrente zu wechsen?

    MfG Achim

    • user
      Christian Schultz
      am 17.07.2023

      Hallo Achim, mit 45 Versicherungsjahren können Sie frühestens zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze abschlagsfrei in die EM-Rente. Aber wenn Sie innerhalb von 24 Monaten von der EM- in die Altersrente wechseln, besteht ein Bestandsschutz. Sie erhalten dann die EM-Rentenbezüge weiter. Lassen Sie sich dazu am besten persönlich und kostenlos direkt bei der DRV beraten.

  • user
    Achim Heitmeyer
    am 26.04.2022

    Hallo Herr Schulz,

    ich werde in Kürze 60 und habe gerade eine 6 Wöchige Reha hinter mir. Ich wurde aus der Reha entlassen und beziehe aktuell Krankengeld. In meinem Entlassungsbericht wird meine Sozialmedizinische Leistungsbeurteilung mit 3- unter 6 Stunden angegeben. Der Entlassungsbericht wurde mir von der Rehaklinik am 05. März zugestellt. Ich gehe davon aus, dass dieser Bericht auch dem Träger RV-Bund mittlerweile vorliegt. Nach einem heutigen Telefonat mit der RV-Bund wurde mir mitgeteilt, das die Bearbeitung bzgl. teilweiser EM-Rente aufgrund hoher aktueller Wartezeiten länger dauern würde und es vorkommen könne, das kein Bescheid direkt an den Versicherten versendet würde. Ich bin nun völlig verunsichert und weiß nicht was ich nun unternehmen soll. Von Arbeitgeberseite bin ich aktuell noch ungekündigt. Ich möchte ergänzend zu einer Teilerwerbsminderung gerne weiterhin halbtags 4 Stunden weiter arbeiten. Sollte ich nun die Erwerbsminderung umgehend beantragen oder abwarten bis der Bescheid von der RV-Bund bei mir eingeht? Der Satz der Dame von der RV "das die Bearbeitung bzgl. teilweiser EM-Rente aufgrund hoher aktueller Wartezeiten länger dauern würde und es vorkommen könne, das kein Bescheid direkt an den Versicherten versendet würde" macht mich sehr nachdenklich!

    Sehr geehrter Herr Schultz, ich freue mich von ihnen zu hören und ich habe ihr Buch gelesen - super verständlich aufbereitet und geschrieben Danke :-)

    • user
      Christian Schultz
      am 26.04.2022

      Hallo Achim, in dieser Situation sollten Sie sich individuell beraten lassen. Ob es wirklich sinnvoll ist, die EM-Rente jetzt zu beantragen, muss genau abgewogen werden. Auch mit den Alternativen, also zunächst ins Arbeitslosengeld zu gehen etc. Aber das kann man nicht allgemein beantworten, dafür müsste man sich Ihre Unterlagen anschauen.

  • user
    Andre Ribzek
    am 07.02.2022

    Hallo Herr Schultz,

    ich bin Baujahr 61 und habe nach einem Arbeitsunfall aus dem Jahre 1985 ein MdE von 30 und einen GdB von 40. Nun bin ich seit 10 Monaten aufgrund des alten Unfalls krankgeschrieben.

    Kann mich die BG nach einer Belastungserprobung zwangsweis in die EM Rente schicken?

    Ein Verschlimmerungsantrag wurde vom LaGeso Berlin abgelehnt. Zur Zeit bin ich Psychotherapie und hoffe das ich dadurch auf einen GdB von 50 komme.

    Vielen Dank für die Möglichkeit hier meine Fragen zu stellen.

    • user
      Christian Schultz
      am 26.04.2022

      Hallo Andre, mit der BG bin ich leider überfragt. So etwas ist mir aber noch nicht begegnet.

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