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Hamburger Modell: Wer zahlt?

Aktuelles Behinderung Gesundheit

Sie sind bereits lange im Krankengeld oder gar "ausgesteuert"? Falls es Ihnen langsam wieder besser geht, kommt bald der Moment, über den Wiedereinstieg in die Firma nachzudenken. Zum Beispiel über das "Hamburger Modell". Aber von wem bekommen Sie in dieser Phase überhaupt Geld?

Hamburger Modell: Wer zahlt?

Wenn die Krankheit länger dauert, bringt dieser Zustand vielerlei Probleme mit sich. Neben den gesundheitlichen Schwierigkeiten müssen sich Betroffene auf allerlei bürokratischen Ärger einstellen. Angefangen beim Zoff mit der Krankenkasse bis zum oftmals sehr holprigen Wechsel vom Kranken- ins Arbeitslosengeld - wer hier keine gute Beratung erfährt, ist schnell arm dran.

Doch auch bei der Wiedereingliederung am Arbeitsplatz herrschen vielerorts zahlreiche Fragen.

Hamburger Modell: Was ist das?

Beim Hamburger Modell handelt es sich um eine klassische Maßnahme zur Wiedereingliederung. "Wiedereingliederung" bedeutet hier: Sie sind lange krank gewesen und immer noch arbeitsunfähig geschrieben. Nun können Sie sich aber vorstellen, zumindest stundenweise wieder in den Betrieb zu kommen. Es handelt sich also um eine langsame und abgesicherte Rückkehr an den Arbeitsplatz.

Wichtig: Wenn Sie das Hamburger Modell nutzen möchten, müssen Sie drei Beteiligte mit ins Boot holen: Krankenkasse, die Firma und Ihren Haus- oder Facharzt. Nur wenn alle Parteien grünes Licht geben, kann es losgehen.

Für alle Fans von Gesetzestexten finden Sie hier den wichtigsten Paragraphen zum Hamburger Modell.

Sobald die Wiedereingliederung genehmigt wurde, können Sie loslegen. Stufenweise. Das bedeutet: Sie gehen zu Beginn nicht wieder jeden Tag acht Stunden zur Arbeit, sondern erst einmal nur drei. Oder vier. Wenn Sie feststellen, dass Sie sich in diesem Rahmen gut fühlen, kann die Stundenzahl ausgeweitet werden.

Insgesamt dauert eine Wiedereingliederung über das Hamburger Modell im Durchschnitt einige Wochen. Manchmal aber auch Monate. Wichtig: Wenn Sie die Maßnahme verlängern möchten, muss die Krankenversicherung Ihre Zustimmung erteilen.

Ein Beispiel:

Peter aus Grömitz ist seit zehn Monaten krankgeschrieben und bezieht Krankengeld. Da er sich mittlerweile deutlich besser fühlt, bespricht er mit seinem Arzt eine Wiedereingliederung. Firma und Krankenkasse stimmen zu - zum nächsten Monatsersten geht es los, für eine Dauer von sechs Wochen.

In den ersten zwei Wochen arbeitet Peter jeweils vier Stunden pro Tag. Für die restlichen vier Wochen sechs Stunden. Eigentlich ist geplant, dass er nach Ablauf der vollen sechs Wochen wieder voll in den Beruf einsteigt. Doch er fühlt sich unsicher. Gemeinsam mit dem Hausarzt wird deshalb eine Verlängerung der Maßnahme bei der Krankenkasse beantragt.

Diese stimmt - genau wie der Arbeitgeber - zu. Nach weiteren zwei Wochen, insgesamt sind wir nun bei acht, kann Peter wieder voll arbeiten. Das Hamburger Modell ist beendet, die Krankenkasse muss kein Krankengeld mehr zahlen - und Peter erhält wieder seinen vollen Lohn.

Von wem bekomme ich während des Hamburger Modells Geld?

Nun zurück zu unserer Ausgangsfrage: Wer zahlt die Miete, während Sie sich im Rahmen des Hamburger Modells auf die Rückkehr in den Beruf vorbereiten? Ihr Arbeitgeber? Nein, denn Sie sind während der gesamten Maßnahme noch krankgeschrieben.

Ihre Firma muss noch nicht einmal einen Teil des alten Gehalts zahlen, wenn Sie Ihre Wiedereingliederung durchlaufen. Denn da Sie die ganze Zeit über offiziell arbeitsunfähig sind, ist die Krankenkasse in der Pflicht. Sie erhalten also weiterhin Krankengeld.

Muss immer die Krankenkasse zahlen?

Wir können also festhalten, dass Ihre Firma keinen Lohn während des Hamburger Modells zahlen muss. Krankengeld gibt es aber nur dann, wenn Ihre 78 Wochen noch nicht ausgelaufen sind. Falls Sie bereits ausgesteuert wurden und von der Arbeitsagentur betreut werden, erhalten Sie Arbeitslosengeld I. Auch während der Wiedereingliederung.

Doch viele Menschen mit Langzeiterkrankung durchlaufen irgendwann eine Reha - nicht immer ganz freiwillig. Falls Sie innerhalb von vier Wochen nach Abschluss dieser Maßnahme in die Wiedereingliederung starten, muss die Rentenversicherung für Ihren Lebensunterhalt aufkommen. Mit dem sogenannten Übergangsgeld.

Fazit

Die wichtigste Botschaft lautet also: Solange Sie im Hamburger Modell sind, muss Ihr Arbeitgeber weiterhin keinen Cent zahlen. Sie leben in dieser Zeit von einer Lohnersatzleistung. Entweder Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld - je nach Situation.


Kommentare (7)

  • user
    Silke Timmermann
    am 01.12.2023

    Hallo zusammen,

    nach einer Hüft OP habe ich mit der „Stufenweise Wiedereingliederung“ begonnen. Sie erstreckt sich über 6 Wochen, vom 20.11. bis 31.12.2023 (ausgestellt vom Orthopäden).

    Die Krankenkasse stimmt der Maßnahme nur bis 29.12.2023 zu, weil der 30./31.12. ja ein Wochenende ist und ich da sowieso nicht arbeite. Ich bekomme die 2 Tage also auch kein Krankengeld. Ist das rechtens?

    Liebe Grüße

    Silke Timmermann

    • user
      Christian Schultz
      am 01.12.2023

      Hallo Silke, solange Sie durchgehend krankgeschrieben sind, sollte es auch Krankengeld geben. Lasse Sie sich dazu unbedingt persönlich beraten.

  • user
    Melanie
    am 14.10.2023

    Hallo ich bin aus dem Krankengeld ausgesteuert und nächstes Jahr im März laüft mein leistungsbezug beim Arbeitsamt aus. Nun werde ich aber im März mit dem Hamburger Modell starten, rutsche ich dann im Bezug vom Jobcenter oder wer zahlt dann?

    Meine Erwerbsminderungsrente ist noch nicht durch.

    • user
      Christian Schultz
      am 23.10.2023

      Hallo Melanie, die Arbeitsagentur zahlt nur, bis das ALG erschöpft ist. Es kann also wirklich sein, dass Sie dann Bürgergeld beantragen müssen.

  • user
    Mano
    am 16.08.2023

    Hallo zusammen,

    das sog. „Hamburger Modell“ wurde von Krankenkassen eingeführt im Öffentlichen Dienst in Hamburg im letzten Jahrhundert, als es noch keinen Paragrafen im SGB V zur Stufenweisen Wiedereingliederung gab. Von diesem damaligen Modellprojekt in Hamburg stammt der Name.

    Derzeit wird prozessiert, ob die Krankenkassen Fahrtkosten zu erstatten haben zum Rehaort im Betrieb. Denn das Krankengeld ist ja Netto deutlich geringer als der Lohn. Manche Krankenkassen erstatten auf Antrag Fahrkosten, andere weigern sich und lassen sich verklagen.

    www.dejure.org/9999,144169

    Teilweise wird ganz übel rumgetrixt, wenn arbeitsunfähige Rehabiltanden widersprechen – was ja ihr gutes verbrieftes Recht ist.

    https://twitter.com/SZ/status/1690047794235482122

  • user
    Manfred Scheinhütte
    am 21.02.2023

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich bin im Personalwesen tätig. Der Begriff "Hamburger Modell" ist mir bekannt, wird aber in der Regel nicht verwendet. Die meisten reden

    so wie in § 74 SGB V erwähnt, von einer stufenweisen Wiedereingliederung.

    Meine Frage an Sie: Woher kommt der Begriff "Hamburger Modell"?

    Viele Grüße

    • user
      Christian Schultz
      am 22.02.2023

      Hallo Manfred, den Ursprung des Begriffs "Hamburger Modell" kann ich Ihnen leider auch nicht erklären. In der Praxis wird dieser häufig mit stufenweiser Wiedereingliederung gleichgesetzt. Mittlerweile ist der Begriff so gängig, dass sich der Ursprung gar nicht mehr so leicht recherchieren lässt.

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