EM-Rente unbefristet: Jetzt vorzeitig Altersrente beantragen?
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Wenn die Erwerbsminderungsrente unbefristet bewilligt wurde, läuft sie erst beim Erreichen der Regelaltersgrenze aus. Es sei denn, Sie möchten schon vorher in die Altersrente. Wie das geht und ob das überhaupt sinnvoll sein kann - darum geht es in diesem Beitrag.
In den meisten Fällen werden EM-Renten befristet ausgestellt. Ein Jahr, zwei oder auch drei Jahre. In dieser Konstellation kommt es für die betroffenen Menschen vor allem darauf an, rechtzeitig eine Verlängerung zu erreichen. Es sei denn, die Gesundheit lässt eine Rückkehr in den alten Beruf zu.
Man sollte also meinen, dass die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen Erwerbsminderung die meisten Menschen komplett zufrieden stellt. So ist es auch in der Praxis. Außer dann, wenn man sich der eigenen Regelaltersgrenze nähert. In dieser Situation kommen immer wieder Mitglieder zu uns - mit dem Wunsch, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen. Oftmals eine Rente mit Schwerbehinderung.

Aber warum kommt man auf diese Idee?
EM-Rente vorzeitig in Altersrente umwandeln
Beim Übergang von der EM- in die Altersrente gibt es eine Besonderheit, die Sie kennen sollten: Liegen zwischen dem Ende der Erwerbsminderungs- und dem Beginn der Altersrente weniger als 24 Monate, tritt ein Bestandsschutz ein.
Das bedeutet: Ihre Altersrente kann niemals niedriger sein als die zuvor bezogene EM-Rente. Da die Erwerbsminderungsrente in den allermeisten Fällen höher ausfällt als die prognostizierte Altersrente, ist das ein guter Deal.
Warum sollte man also auf die Idee kommen, aus dieser komfortablen Lage vorzeitig auszubrechen?
Bis vor einiger Zeit gab es dafür eigentlich keinen ernst zu nehmenden Grund. Mitglieder, die mit diesem Wunsch in unsere Sozialberatung kamen, konnte man davon stets abraten. Und zwar mit folgendem Hintergrund:
Ihre Erwerbsminderungsrente wird bei der Bewilligung hochgerechnet. Inzwischen bis zu Ihrer individuellen Regelaltersgrenze - das war übrigens nicht immer so. Diese sogenannte Zurechnungszeit bewirkt, dass die Zahlung an Sie deutlich höher ausfällt. Denn Sie werden so gestellt, als ob Sie mit Ihrem bisherigen Verdienst weitergearbeitet hätten. Bis zum Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters.

"Gehen Sie von der Erwerbsminderungs- vorzeitig in die Altersrente, wird Ihre Zurechnungszeit gekürzt. Und damit auch Ihre Rente."
Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein
Gehen Sie jetzt den Schritt in die vorgezogene Rente, wird die Zurechnungszeit wieder heruntergerechnet. Um die Anzahl der Monate, die Sie vorzeitig in die Altersrente gehen. Das wiederum führt dazu, dass Ihre Rente gekürzt wird. Also ein klares Minus-Geschäft.
Daran ändert auch nichts, dass Sie nach 45 Versicherungsjahren oder mit Schwerbehinderung ohne zusätzliche Abschläge in die Altersrente kommen. Durch den Verlust der Zurechnungszeit machen Sie in jedem Fall Verlust.
2023: Neue Regeln beim Hinzuverdienst
Ab dem 01.01.2023 könnte sich an dieser eindeutigen Betrachtungsweise jedoch etwas ändern. Denn ab diesem Zeitpunkt entfallen in der gesetzlichen Rentenversicherung die Hinzuverdienstgrenzen. In der Praxis bedeutet das, dass Sie im Rahmen Ihrer vorgezogenen Altersrente so viel hinzuverdienen können, wie Sie möchten. Freilich geht das nur, wenn sich Ihre gesundheitliche Verfassung zu diesem Zeitpunkt auf einem Level bewegt, auf dem das möglich ist.
Der springende Punkt ist: Im Rahmen der Erwerbsminderungsrente steigt die Hinzuverdienstgrenze zwar auch - aber ab einem gewissen Einkommen wird Ihre Rente eben immer noch gekürzt. Mit dieser neuen Rechnung muss man sich einen geplanten Wechsel von der EM- in die Altersrente also noch einmal anschauen.

Fazit
Grundsätzlich ist der vorzeitige Wechsel von einer EM-Rente in eine Altersrente ein schlechtes Geschäft. Grund dafür ist die Herabstufung Ihrer Zurechnungszeit. Und damit der Verlust eines Teils Ihrer Rente. Wir müssen abwarten, wie sich das Auslaufen der Hinzuverdienstgrenze ab 2023 auf diese Rechnung auswirkt.
Doch eines ist sicher: Nur wer gesundheitlich überhaupt dazu in der Lage ist, neben der Rente ein größeres Einkommen zu erwirtschaften, kann von dieser Änderung profitieren. Daher bleibt es bei der schon bekannten Warnung: In den allermeisten Fällen sollten Sie Ihre Erwerbsminderungsrente bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter ausreizen.
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Kommentare (17)
Britta
am 27.01.2023Hallo,
Ich bin Jahrgang 1958 und seit 2004 in EM Rente unbefristet.. Beziehe gleichzeitig eine Rente aus gesetzl. Unfallversicherung. Kann ich da 2 Jahre eher in Renre weg. Schwerbehinderung? Man kürzlich mir die EM Rente um 600,00€.
Vielen Dank im Voraus
Christian Schultz
am 27.01.2023Hallo Britta, am besten persönlich und kostenlos bei der Deutschen Rentenversicherung beraten lassen. Da kann man speziell auf Ihren Fall eingehen.
Sabine
am 26.01.2023Ich bin Jahrgang 60, beziehe seit 2013 volle EM, bin schwerbehindert und kann auf keinen Fall nebenher arbeiten. Meine EM ist sehr klein, weil zu dem Zeitpunkt nur die Zeiten bis zum 60. Lebensjahr (nicht wie heute bis 65) in die EM eingerechnet wurden, ich habe also, glaube ich, einen Abzug von fast 11%. Aber macht es denn dann wirklich einen Unterschied, ob ich jetzt noch die reguläre Altersrente abwarte oder vorzeitig die Altersrente für Schwerbehinderte beantrage? Ich denke, ich bleibe doch so oder so auf meiner niedrigen EM-Rente sitzen? Eine längere Wartezeit erhöht diese Rente doch nicht, oder? Meine Überlegung ist jetzt nur, dass doch für 2024 eine Erhöhung dieser "alten" EM-REnten um 4,5% anvisiert wurde (weiß nicht, ob das überhaupt fix ist). Wenn ich also vorzeitig in Altersrente für Schwerbehinderte gehen würde, bekäme ich also noch nicht einmal diese 4,5% oder bekäme ich die auch, wenn ich zu dem Zeitpunkt schon von der EM in die Altersrente gewechselt hätte, also quasi nachträglich? Wäre sehr dankbar für Hilfe!
Christian Schultz
am 27.01.2023Hallo Sabine, eine persönliche und kostenlose Beratung bei der DRV ist hier sehr zu empfehlen. Da kann man Ihnen genau ausrechnen, was für Sie günstiger wäre. Die Erhöhung der EM-Rente 2024 nehmen Sie übrigens in jedem Fall mit - denn das gilt auch für all diejenigen, die zu diesem Zeitpunkt bereits in der Altersrente sind.
Achim
am 26.01.2023Hallo,
ich habe sehr lange die EM-Rente bezogen und konnte in 2015 in die Altersrente gehen.
Als die Grundrente eingeführt wurde habe ich gedacht ich hätte locker meine 33 Jahre zusammen die man ja für die Grundrente braucht ( mit 14 Jahre in die Ausbildung gegangen ).
Durch die lange Zurechnungszeit fehlen mir dadurch einige Monate die für die Berechnung der Grundrente wichtig wären heißt also keine Grundrente natürlich für mich eine herbe Entäuschung.
Einerseits gut das die Altersrente nicht niedriger ausfällt andererseits schlecht weil dann der Grundrentenzuschlag wegfällt da die Zurechnungszeit nicht anerkannt wird.
L.G. Achim
KR
am 07.01.2023Hallo,
wie wird eine höhere Erwerbsminderungsrente und Altersrente durch die Zurechnungszeit / Entgeltpunkte erreicht?
Meines Wissens erfolgten 2012 + 2014 + 2018 hier Änderungen.
ab 2017 Erwerbsminderungsrente auf Dauer
2012-2017 in Prüfung
Sinnvoll auf eine Erwerbsminderungsrente für die Jahre 2012-2014 bzw. 2012-2017 zu verzichten?
Bis 2004 berufstätig; danach Mutterschutz + Kindererziehung + ALG II bis 2017
Viele Grüße
KR
Christian Schultz
am 09.01.2023In aller Regel ist die Erwerbsminderungsrente höher - insbesondere wenn die Alternative wie in Ihrem Fall ALG II wäre. Lassen Sie sich das aber bitte kostenlos bei der Deutschen Rentenversicherung ausrechnen.
Alfred
am 06.01.2023Hallo Herr Schultz,
es gibt doch den Bestandsschutz bei nahtlosem Übergang aus der vollen EM Rente in die Altersrente. Bezieht sich diese etwa nur auf die Regelaltersrente, oder auch auf vorgezogene Rente wie die langjährig, bzw. besonders langjährig Versicherten ?
Viele Grüße
Alfred
Christian Schultz
am 09.01.2023Hallo Alfred, ich verlasse mich da auf die Aussage meines Kollegen im Rechtsschutz. Demnach gilt der Bestandsschutz nur für beim Wechsel in die Regelaltersrente. Aber ich empfehle Ihnen, dass Sie sich hier noch einmal bei der DRV direkt absichern.
Claus Müller
am 06.01.2023Ich wüsste gerne mal, ob es sich bei den verschiedenen Hinzuverdienstgrenzen um einen Brutto-Betrag handelt, oder um den ausgezahlten Netto-Betrag. Das wäre bei angestellten Arbeitnehmern von Interesse.
Und dann gibt es ja auch noch Selbständige, also Unternehmer. Welche entweder sich selber ein anteiliges Gehalt auszahlen, oder deren unternehmerische Einnahmen komplett ihrer Person zugeordnet werden.
Christian Schultz
am 09.01.2023Beim Hinzuverdienst zur gesetzlichen Rente wird grundsätzlich das Brutto-Einkommen betrachtet.
Dirk Erichsen
am 04.01.2023Hallo, sie schreiben immer bei einer vollen EM-Rente kann man 17000 Euro dazuverdienen. Bei einer vollen EM-Rente darf man, wenn überhaupt,
nur bis zu 3 Std am Tag arbeiten, wenn man das überhaupt noch schafft. Welche Möglichkeiten hat man denn überhaupt mit der Gestaltung von 3Std oder 15 Std die Woche
Christian Schultz
am 05.01.2023Beides ist richtig. Sie müssen unter drei Stunden am Tag bzw. 15 Stunden in der Woche bleiben. Da lässt die Rentenversicherung auch nicht mit sich verhandeln. Gleichzeitig ist die Hinzuverdienstgrenze zu diesem Jahr tatsächlich auf rund 17.000 Euro angehoben worden. Da kann man sich schnell ausrechnen, was für einen Stundenlohn Sie benötigen, um daran zu kommen.
Uwe
am 28.12.2022Hallo.... ich bin 62 Jahre alt (11.10.1960) und habe 50% Schwerbehinderung unbefristet und habe eine Halbe erwerbsminderungsrente, bin bis zum 1.9.22 regelmäßig 20Tage (a5Stunden) noch arbeiten gewesen, seitdem aber jetzt auf psychisch, Depressionen krank geschrieben... (schaffe es nicht mehr zur Arbeit)
Wie überbrücke ich die Zeit bis zur offiziellen Rente ohne Abzüge?
MfG Uwe
Christian Schultz
am 02.01.2023Hallo Uwe, wenn Sie neben der halben EM-Rente nicht arbeiten, kann diese bei Jobverlust zum Beispiel mit dem halben Arbeitslosengeld aufgestockt werden. Bei akuter Krankschreibung auch mit Krankengeld. Und wenn alle Stricke reißen, können Sie mit Bürgergeld aufstocken.
Silke Lenhard
am 13.12.2022Ich bin, Jahrgang 58, seit Dezember 2018 in Erwerbsminderungsrente, unbefristet. Zwischenzeitlich die 50 % Schwerbehinderung erhalten, auch unbegrenzt. Ich würde gern eine leichte Tätigkeit, wie Hospizvegkeitung oder Sitzwachen aufnehmen und überlege ob ich in die regulärere Rente wechseln sollte. Nach Ihrem Bericht also eher nicht.
Herzliche Grüße
Silke Lenhard
Christian Schultz
am 13.12.2022Nein, generell kann man das nicht empfehlen. Und Sie können ja auch mit voller EM-Rente etwas dazu verdienen. Ab 2023 bis zu 17.000 Euro im Jahr: https://www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/neue-hinzuverdienstgrenze-in-der-gesetzlichen-rente-ab-2023
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