Direkt zu den Inhalten springen

Nach Aussteuerung: Wie gehe ich mit Bewerbungen um?

Gesundheit

78 Wochen. Länger gibt es das Krankengeld in Deutschland nicht. Auch nicht, wenn Sie aufgrund Ihrer gesundheitlichen Probleme immer noch nicht an den Arbeitsplatz zurückkehren können. Doch wer ist nach der Aussteuerung für Sie zuständig? Ihr erster Weg sollte Sie zur Bundesagentur für Arbeit führen.

Bild eines Lebenslauf

„Wie bitte? Arbeitsagentur? Ich habe doch noch einen Job, bin seit über einem Jahr krankgeschrieben!“ Wenn Sie einen ähnlichen Gedankengang haben, sind Sie nicht allein. Es klingt ja auch nicht ganz einleuchtend. Der Arbeitsvertrag besteht nach wie vor, Sie sind dauerhaft krank – warum ausgerechnet zum Arbeitsamt? Die Antwort ist ziemlich simpel: Weil die BA jetzt Ihre beste Chance ist, an Geld zu kommen.

Arbeitsamt bietet mir einen Job an – aber ich bin noch krank

Denn bei der Bundesagentur für Arbeit können Sie nun Arbeitslosengeld beantragen. Natürlich nur, wenn es einen Anspruch gibt. Wenn Ihr Job versicherungspflichtig ist, sollte Ihnen dieser Punkt nicht im Weg stehen. Da der Weg vom Krankengeld zum Arbeitslosengeld in der Praxis nicht immer ganz einfach ist, empfehlen wir Ihnen zunächst diesen Beitrag:

Krankengeld läuft aus: Wie verhalte ich mich richtig?

Normalerweise besteht die Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit darin, arbeitsfähigen Menschen einen neuen Job zu vermitteln. Deshalb stellen die Mitglieder des Sozialverbands sehr häufig folgende Frage, wenn das Krankengeld bereits ausgelaufen ist: Wie gehe ich mit Stellenangeboten um?

Arbeitslosengeld gibt es nach der Aussteuerung für zwei unterschiedliche Situationen. In Szenario A beziehen Sie Arbeitslosengeld, weil sie auf das Ergebnis Ihres Rentenantrags warten. Wer noch aus dem Krankengeld heraus einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt hat, muss in der Regel längere Zeit warten. Läuft das Krankengeld jetzt aus, kann die Arbeitsagentur für die Zwischenzeit einspringen. Man spricht auch von der „Nahtlosigkeitsregelung„.

In Szenario B haben Sie noch keinen Antrag gestellt. Vielleicht hoffen Sie, bald wieder in ihren Job zurückzukehren. Oder Sie können bald eine Altersrente beziehen und möchten die Abschläge einer Erwerbsminderungsrente umgehen.

In diesem Beitrag geht es nur um das zweite Szenario. Falls bereits ein EM-Antrag gestellt wurde, werden Sie keinerlei Stellenangebote von Ihrem Arbeitsvermittler erhalten. Bis zum Bescheid des Rententrägers müssen Sie lediglich weiterhin Ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen abgeben. Wenn Sie aber nach der Aussteuerung Arbeitslosengeld beziehen, ohne einen Rentenantrag gestellt zu haben, stehen Sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Auch mit Arbeitsvertrag.

Andernfalls würden Sie gar kein Geld bekommen. Dieser Gedankengang ist schwer nachzuvollziehen und führt im Alltag bei vielen Menschen zu großen Schwierigkeiten. Deshalb noch einmal ganz konkret: Ohne Antrag zur Erwerbsminderungsrente bekommen Sie nach dem Auslaufen des Krankengeldes nur dann Geld vom Arbeitsamt, wenn

  • ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht
  • und Sie offen für einen neuen Job sind.

Ein Paradox: Arbeitslosengeld trotz Arbeit und Krankheit

In diesem vermeintlichen Widerspruch müssen Sie sich so lange zurechtfinden, wie Sie Arbeitslosengeld erhalten. Dazu gehört auch: Wenn Sie vom Amt einen Vermittlungsvorschlag erhalten, zeigen Sie sich kooperativ. Lehnen Sie Stellenangebote nicht kategorisch ab. Prüfen Sie, ob Sie diesen Job im Rahmen Ihrer gesundheitlichen Möglichkeiten ausüben könnten. Falls ja – bewerben Sie sich. Die Chance, dass es zu einer Einstellung kommt, geht ohnehin gegen 0. Aber auf diese Weise gefährden Sie nicht Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Kehren wir zu unserer Ausgangsfrage zurück: Wer nach der Aussteuerung Arbeitslosengeld bezieht und noch keine Erwerbsminderungsrente beantragt hat, muss sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Zumindest theoretisch und im Rahmen der individuellen Möglichkeiten. Wenn also ein passendes Jobangebot eintrudelt, müssen Sie sich bewerben.

Der Sozialverband Deutschland hilft in sozialen Angelegenheiten. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, unter anderem bei Auseinandersetzungen rund um das Thema Rente und Behinderung.

Sie wollen regelmäßig über neue Beiträge in unserem Blog informiert werden? 


Kommentare (8)

  • user
    Michael Möser
    am 05.08.2023

    Guten Tag,

    ich bin seit Januar 2023 ausgesteuert ( ungekündigtes Arbeitsverhältnis ) und erhalte ALG 1 bis Januar 2025. Ich bin 62 Jahre alt und beabsichtige in 2024 in Rente zu gehen. Über die Agentur für Arbeit habe ich jetzt 2 Arbeitsangebote bekommen, wenn ich jetzt mit den Firmen in Kontakt trete soll ich darauf hinweisen das ich noch auf dem Papier einen Arbeitgeber habe ?

    Mit freundlichen Grüßen

    M.Möser

    • user
      Christian Schultz
      am 08.08.2023

      Hallo Michael, das können Sie tun - entspricht ja der Wahrheit. Und Sie sind ja vermutlich immer noch krank.

  • user
    Christine Schmalz
    am 07.06.2022

    Hallo

    Bin zum 3. Mai ausgesteuert worden. Habe mich vor Aussteuerung rechtzeitig 3 Monate vorher telefonisch beim Arbeitsamt gemeldet und um Zusendung des Antrags auf Nahtlosigkeit. Antrag auf Nahtlosigkeit habe ich 3 Wochen vor Aussteuerung rechtzeitig mit allen Unterlagen mit verschlossenen Umschlag für den Ärztlichen Dienst Arbeitsamt abgegeben. Ende Mai war immer noch kein Bescheid über das Arbeitslosengeld oder Nahtlosigkeit da.

    Also rief ich beim Arbeitsamt an und fragte nach. Die Dame am Telefon sagte oh je in der Tat dauert die Bearbeitung sehr lange und ist eigentlich schon überschritten. Ich sagte ihr die Zeit drängt da ich ab dem 4.6.2022 nicht mehr Versichert bin.

    Sie wollte eine Dringlichkeit an die entsprechende Fachabteilungen machen. Es geschah nichts. Also rief ich am 3. Juni wieder an und fragte nach. Jetzt antwortete man mir die Nahtlosigkeit ist doch längst abgelehnt worden und ich hätte am 16. Juni ein Gespräch beim Arbeitsvermittler zwecks Wiedereingliederungsvereinbarung und Besprechung ALG 1. Bin in ungekündigter Stellung. Mein Arbeitsverhältnis ruht im Moment. EM Rente habe ich im Januar beantragt. In der Medezinischen Reha war ich im Oktober 2021. Warum muss ich jetzt schon solch eine Vereinbarung unterschreiben auch wenn ich noch einen Job habe. Bin weiterhin krank geschrieben. Bin ich jetzt gezwungen mich auf Stellen sofort zu bewerben obwohl der Antrag auf EM RENTE noch läuft und weiterhin AU? Ich sollte mich doch privat so lange versichern sagte man mir am Telefon und bis zu meinem Gespräch soll ich eben Ärztliche Behandlung aus eigener Tasche bezahlen.

    Steht mir nicht trotzdem für ein paar Monate die Nahtlosigkeit zu ? Denn dann muss ich mich ja nicht in dieser Zeit dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen.

    • user
      Christian Schultz
      am 09.06.2022

      Hallo Christine, warum die Nahtlosigkeitsregelung bei Ihnen abgelehnt wurde, können wir ohne Einsicht in die Unterlagen nicht beantworten. In der Tag hat diese Entscheidung der Arbeitsagentur aber weitreichende Folgen.

      Wenn Sie aktuell ALG I erhalten möchten, müssen Sie zuerst einmal den Termin wahrnehmen und auch grundsätzlich offen für neue Jobs sein. Obwohl Sie noch einen Arbeitsvertrag haben. Schauen Sie am besten mal in diesen Beitrag: https://www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/krankmeldung-nach-dem-krankengeld

  • user
    Natascha Thaler
    am 30.05.2022

    Hallo, mir wurde gekündigt und ich erhalte bis zum 03.06.2022 (seit 09.03.2021) noch Krankengeld. Antrag auf EMR wurde vor knapp 1 Jahr gestellt. Antrag auf ALG 1 wurde ebenfalls gestellt. Da meine Erkrankung betreffen in erster Linie meine Augen und meine schwindende Sehkraft. Soll ich mich nun weiterhin arbeitsunfähig schreiben lassen und muss ich diese dann an das Arbeitsamt weiterleiten oder soll ich mich nicht mehr AU schreiben lassen? Stecke gerade in einer extremen Krise und weiß nicht mehr was ich machen soll. Können sie mir weiter helfen?

    Ganz herzlichen Dank im voraus, Natascha Thaler

  • user
    Margit Weich
    am 26.02.2021

    Wir sind Mitglied im VDK und haben Interesse an Ihrem Newsletter.

    Machen Sie auch telefonische Beratung für Mitglieder aus Baden-Württemberg?

    Vielen Dank im voraus für Ihre Antwort

    MfG

    • user
      Christian Schultz
      am 01.03.2021

      Hallo Margit, für den Newsletter können Sie sich natürlich auch als VdK-Mitglied kostenlos anmelden: sovd-sh.us16.list-manage.com/subscribe

      Telefonisch beraten können wir Sie aus Schleswig-Holstein normalerweise nicht. Dafür wären dann die Kollegen aus Baden-Württemberg zuständig: www.sovd-bawue.de

Neuen Kommentar schreiben

Das Feld Name muss ausgefüllt sein.
Bitte geben Sie Ihren Namen ein.
Das Feld E-Mail muss ausgefüllt sein.
Die eingegebene E-Mail Adresse ist nicht korrekt.
Der Kommentar darf nicht leer sein.
Bitte stimmen Sie der Datenschutzbestimmungen zu.

Mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.