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Krankengeld, Arbeitslosengeld – und dann?

Behinderung Armut Gesundheit

Das Durchschnittsalter aller Mitglieder im SoVD Schleswig-Holstein beträgt 62 Jahre. Wenngleich dieser Wert immer noch hoch ist, sinkt die Zahl seit Jahren kontinuierlich. Warum? Weil die meisten Frauen und Männer, die neu in den Sozialverband eintreten, keine Rentnerinnen und Rentner sind. Es sind Menschen um die 50, die zum ersten Mal in ihrem Leben richtig krank sind – und nun merken, dass sie in der Auseinandersetzung mit Krankenkasse oder Rentenversicherung allein überfordert sind.

„Von wem bekomme ich Geld, wenn ich krank bin?“

Wir alle kennen das Prozedere, das nach dem Eintreten einer Krankheit abläuft. Wer länger als ein, zwei Tage nicht zur Arbeit kann, muss beim Arzt vorstellig werden. Hält die Krankheit länger an, füllt der Mediziner einen gelben Zettel aus (die sogenannte „Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“), die dann Arbeitgeber und Krankenkasse weitergeleitet wird. In dieser Zeit bekommen Sie als Angestellter Ihren Lohn ohne Probleme weiter ausgezahlt. Bis zu sechs Wochen lang.

Erste Station: Krankengeld

Wer aufgrund derselben Erkrankung länger als sechs Wochen ausfällt, erleidet den ersten finanziellen Einschnitt. Denn der Arbeitgeber muss nach diesem Zeitraum nicht mehr zahlen und kann sich möglicherweise nach einer Aushilfskraft umsehen. Sie als Betroffener bekommen nun von Ihrer Krankenversicherung das Krankengeld.

Bis zu 72 Wochen lang überweist Ihnen die Krankenkasse nun diese Lohnersatzleistung. Das Krankengeld beträgt 70 Prozent Ihres Bruttoeinkommens, aber gleichzeitig niemals mehr als 90 Prozent Ihrer Netto-Einnahmen. Wichtig für diesen Zeitraum: Die gelben Zettel vom Arzt müssen Sie ohne Verzögerung an Ihre Versicherung weiterleiten – andernfalls muss die Kasse nicht mehr zahlen.

Als Sozialverband hören wir außerdem immer wieder, dass verschiedene Krankenkassen sehr einfallsreich sind, wenn es darum geht, das kostspielige Krankengeld einzusparen. Sollten Sie also während des Krankengeld-Bezugs einen Anruf von Ihrer Krankenversicherung erhalten, ist Vorsicht geboten. Ganz hässlich ist die Methode, wenn nach Aktenlage entschieden wird, dass Sie ab nächster Woche wieder arbeiten können – obwohl Ihr Arzt Sie weiterhin krankgeschrieben hat.

— Lesen Sie auch unseren detaillierten Beitrag für die Zeit, wenn das Krankengeld ausläuft —

Wenn das Krankengeld ausläuft

Doch egal wie erfolgreich Sie sich gegen die perfiden Einfälle einiger Krankenkassen wehren: Nach spätestens 78 Wochen muss die Versicherung nicht mehr zahlen. Wenn Sie jetzt noch immer nicht zurück zur Arbeit können, benötigen Sie umgehend eine neue Einnahmequelle. Und Ihre Rettung für die nächsten Monate heißt Arbeitsagentur.

Zugegeben, die Agentur für Arbeit erscheint auf den ersten Blick nicht wie die erste Adresse mit diesem Anliegen. Erstens haben Sie als Betroffener noch eine Anstellung (zumindest theoretisch) und zweitens sind Sie nach wie vor krank. Und genau dieser Punkt bereitet in der Praxis die meisten Probleme beim Antrag für das Arbeitslosengeld.

— Führt eine zweite Krankheit zu einem verlängerten Anspruch auf Krankengeld? —

Dennoch sollten Sie sich beim Arbeitsamt „im Rahmen Ihrer Möglichkeiten dem Arbeitsmarkt zur Verfügung“ stellen. Nur dann gibt es Arbeitslosengeld, andernfalls wird es finanziell nun richtig schwierig.

Sozialhilfe oder Rettung in die Rente

Denn wenn nach rund einem Jahr auch das Arbeitslosengeld zu Ende geht – die genaue Bezugsdauer hängt von mehreren Faktoren ab – bleiben Ihnen nur noch drei Optionen.

Die schönste Variante wäre, wenn Sie gesundheitlich wieder so auf der Höhe sind, dass Sie zurück in den Betrieb können. Ist das nicht möglich und Ihre Erkrankung oder Behinderung wird Ihnen voraussichtlich auch in den nächsten Monaten einen Strich durch die Rechnung machen, kommt ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente in Frage. Beachten Sie bitte, dass sich solch ein Antrag im Regelfall über mehrere Monate hinzieht. Daher kann es sinnvoll sein, die Erwerbsminderungsrente bereits im laufenden Krankengeld zu beantragen.

Wer keine Rente beantragen will oder keinen Anspruch hat, sieht sich nun einer existenziellen Bedrohung gegenüber. Denn der nächste Schritte wäre nun der Gang zum Jobcenter, sprich „Hartz IV“. Diese Ultima Ratio ist gleich mit mehreren Nachteilen verbunden, angefangen bei der strengen Vermögensprüfung. Doch im sozialen Sicherungsnetz ist sie der nächste und vielleicht letzte Schritt. Alles nur, weil jemand unverschuldet erkrankte.

Der Sozialverband Schleswig-Holstein hilft in sozialen Fragen. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, zum Beispiel bei Problemen mit der Erwerbsminderungsrente oder dem Behindertenausweis.
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Kommentare (6)

  • user
    Sandra
    am 28.01.2024

    Hallo zusammen, meine Blockfrist begann am 09.08.22 und endet am 08.08.25. Seit November 2022 bin ich wieder voll berufstätig. Also Ingesamt 15 Wochen krank gewesen und Krankengeld bezogen. Somit stehen mir noch 63 Wochen Krankengeld zu.

    Frage: erkranke ich nun kurz vor Ablauf meiner ersten Blockfrist erneut an der gleichen Erkrankung, werden die noch zur Verfügung stehenden 63 Wochen genutzt und stehen mir dann mit Ablauf der Blockfrist erneut 78 Wochen Krankengeld zu?

    Vielen lieben Dank für Ihre Rückmeldung

    Freundliche Grüße

    Sandra Rentmeister

    • user
      Christian Schultz
      am 29.01.2024

      Hallo Sandra, im Rahmen der dreijährigen Blockfrist werden maximal 78 Wochen Krankengeld gezahlt. Läuft die Blockfrist ab, ist auch dieser Restanspruch an Krankengeld erschöpft. Es würde dann quasi von vorn losgehen.

  • user
    Atila
    am 21.07.2022

    Hallo Herr Schulz,

    Nach der Austeuerung am 13.03.2022 habe Ich mich bei der Arbeitsagentur Arbeitslos gemeldet. Die wurde mir bis 31.05.2022 über die Nahtlosigkeit Genehmigt. Am 31.05.2022 bis 05.07.2022 war Ich in der Psychosomatische Reha Klinik 5 Wochen. Mir wurde nach 2 Wochen Reha von dem Leitenden Oberarzt mitgeteilt das Ich nicht mehr Arbeitsfähig bin und sollte folge dessen einen Teilerwerbsminderungsrente beantragen und sollte mich beim Sozialdienst der Klinik melden. Das habe Ich auch getan und hab da lediglich nur Info Blätter diesbezüglich bekommen. Ich dachte die Dame würde mit mir jetzt ein Antrag stellen. Dies war aber nicht der Fall. Ich müsste den Antrag selber stellen. Nach der Rückkehr habe Ich vorgestern über das Sozialamt Antrag gestellt ohne das Ich vom Arbeitsamt dafür Aufgefordert wurde. Ich kriege weiter hin mein Arbeitslosengeld weiter gezahlt.

    1.War mein Werdegang Richtig oder Hätte Ich auf die Aufforderung de Arbeitsamtes warten sollen?

    2.Kann man sich auf die aussage vom Oberarzt vertrauen? da Ich noch kein Vollständigen Bericht bekommen habe.

    3. Haben die Reha Berichte großen Wert bei der Rentenanstalt? Wie stehen die Chancen

    4. Wenn Ich einen EM Rente bekomme ab wann würde die gelten? Ab Antrag Stellung oder ab dem Reha Antrag bei der Krankenkasse vom 20.11.2021?

    Sozial Technisch erfülle Ich die Voraussetzungen für die EM Rente. Ich bin 54 Jahre Alt und habe 37 Jahre Wartezeit voll und bin 50% Schwerbehindert Unbefristet.

    Im Arbeitsverhältnis stehe Ich nicht mehr da Ich ein Aufhebungsvertrag vor der Erkrankung unterschrieben hatte.

    Danke im voraus für Ihre Antwort.

  • user
    Larissa
    am 05.01.2022

    Hallo,

    folgendes Szenario:

    Seit Sommer 2019 mit Depressionen krank, ab Januar 2020 ausgesteuert und in Nahtlosigkeit. Diese läuft im Februar ab und ich schicke zum AG auch keine weitere AU, sondern gehe 1 Tag zur Arbeit. Am 2. Tag bin ich krank mit der Bandscheibe und falle wieder 2-3 Monate aus. Bekomme ich Krankengeld nachdem der AG 6 Wochen gezahlt hat? Oder muss ich auch hier erst 6 Monate wieder arbeiten um überhaupt was zu bekommen?

    Die Krankheiten stehen ja in keinem Verhältnis zueiennder, auch wenn ich schon jetzt Probleme mit der Bandscheibe habe, sie aber bis jetzt auf keiner AU steht?

    LG

    • user
      Christian Schultz
      am 05.01.2022

      Hallo Larissa, das ist theoretisch möglich. Sie waren dann ja nicht krankgeschrieben und haben nun eine völlig neue Diagnose. Mehr dazu hier: www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/neue-krankheit-neue-blockfrist-wieder-krankengeld

      Ich empfehle Ihnen aber dennoch, dass Sie das vorher mit einem Experten durchsprechen. Der Teufel liegt häufig im Detail.

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