Reha vor Rente
Diesen „Schlachtruf“ haben Sie sicherlich schon einmal gehört. Bevor die gesetzliche Rentenversicherung ernsthaft prüft, ob eine EM-Rente ausgezahlt wird, kommt sehr oft die Reha ins Spiel. In einer meist dreiwöchigen Maßnahme – wenn möglich in stationärer Form – soll im Rahmen einer Reha herausgearbeitet werden, ob sich Ihre Arbeitskraft vielleicht doch noch verbessern lässt. Außerdem prüfen die Ärzte auch während der Reha Ihre gesundheitliche Konstitution. Am Ende verlassen Sie die Maßnahme mit einem offiziellen Gutachten in der Hand. Wenn dieses Dokument aussagt, dass Sie weniger als drei Stunden am Tag arbeitsfähig sind, kann Ihr Antrag zur Reha in den Weg zur Erwerbsminderungsrente umgewandelt werden.
Beratung bei Problemen mit der Erwerbsminderungsrente
Es ist keine Schade, sich Hilfe zu holen. Das Sozialrecht ist komplex. Es kommt nicht selten vor, dass ein winziges Detail über Erfolg oder Misserfolg nach einem Antrag entscheidet. Daher ermutigen wir Sie, sich Unterstützung zu suchen, falls Probleme auftauchen. Das kann ein Anwalt für Sozialrecht sein. Falls Sie in Schleswig-Holstein wohnen, besuchen Sie uns gern in unserer Sozialberatung.
Volle und teilweise Erwerbsminderung
Die Erwerbsminderungsrente kommt erst mit einem Restleistungsvermögen von weniger als sechs Stunden pro Tag in Frage. Doch innerhalb dieser Zeitspanne gibt es Unterschiede. Erst wer weniger als drei Stunden täglich „schaffen“ kann, hat Aussichten auf die volle EM-Rente. Besteht noch ein Leistungsvermögen zwischen drei und sechs Stunden am Tag, wird nur die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderungsrente ausgezahlt.
Dieser kleine Unterschied hat gewaltige finanzielle Auswirkungen. Während die volle Erwerbsminderungsrente in Westdeutschland 2018 noch 804 Euro im Durchschnitt betrug, waren es für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gerade einmal 533 Euro. Wenn wir uns ausschließlich die neuen Renten aus diesem Jahr anschauen, beträgt der Durchschnittswert sogar nur noch 435 Euro im Monat.
Die Arbeitsmarktrente kann helfen
Allerdings besteht eine Ausnahmeregel, die zumindest einen Teil dieser Einbußen auffangen kann. Denn wer lediglich die Bedingungen zur teilweisen Erwerbsminderungsrente erfüllt, kann trotzdem eine volle Rente ausgezahlt bekommen. Das ist immer dann der Fall, wenn der Arbeitsmarkt für Teilzeitkräfte „verschlossen“ ist – wenn es also keine Jobs gibt, mit denen man seine halbe Erwerbsminderungsrente aufstocken könnte. Mehr zur Arbeitsmarktrente lesen Sie in diesem Beitrag.
Erwerbsminderungsrente aufstocken – welche Möglichkeiten gibt es?
Egal ob volle oder halbe EM-Rente – niemand sucht sich diesen Weg aus finanziellen Gründen aus. Dafür ist die Erwerbsminderungsrente in den meisten Fällen einfach zu gering. Um dennoch mit dem Geld über die Runden zu kommen, üben viele Betroffene einen Nebenjob aus. Über diese Option lassen sich bis zu 6300 Euro im Jahr hinzuverdienen. Das bedeutet: Auch als Erwerbsminderungsrentner dürfen Sie sich ohne Probleme einen Minijob suchen. Ihre Rente wird nicht gekürzt. Vergessen Sie aber bitte nicht, dieses Einkommen bei der Rentenversicherung anzumelden.
Wer es aus gesundheitlichen Gründen nicht schafft, nebenbei zu arbeiten, kann unter Umständen beim Amt aufstocken. Welche Behörde in dieser Frage für Sie zuständig ist, kommt auf die Art Ihrer Erwerbsminderungsrente an. Mit einem Restleistungsvermögen unter drei Stunden können Sie einen Antrag auf Grundsicherung stellen. Wenn Sie theoretisch noch mehr als drei Stunden arbeiten können, müssen Sie sich ans Jobcenter wenden und „Hartz IV“ beantragen. Beide Anlaufstellen bringen einen Haken mit sich: Sowohl Grundsicherung als auch Arbeitslosengeld II setzen eine Vermögensprüfung voraus. Wer also neben der Erwerbsminderungsrente noch andere Einkünfte oder nennenswertes Vermögen hat, wird keine staatliche Unterstützung erhalten.
Befristet und unbefristet
Wie lange bekommt man die Erwerbsminderungsrente nach erfolgreichem Antrag? Nur in wenigen Fällen – wenn es kaum Aussichten dafür gibt, dass sich Ihre gesundheitliche Situation deutlich verbessert – erhalten Sie eine unbefristete Rente. Der Normalfall ist die Befristung. Sehr häufig zahlt die Rentenversicherung erst einmal für drei Jahre, anschließend müssen Sie eine Weiterbewilligung beantragen. Auch hier achten Sie bitte auf die Fristen. Spätestens drei Monate vor dem Ablauf (am besten etwas früher) sollten Sie Ihren Antrag einreichen.
Selbst wenn Ihre Erwerbsminderungsrente unbefristet gilt, läuft diese spätestens dann aus, wenn Sie die sogenannte „Regelaltersgrenze“ überschreiten. Wann das ist, hängt von Ihrem Geburtsjahr ab. Und auch in diesem Szenario startet Ihre Altersrente nicht automatisch. Sie müssen wieder aktiv werden und einen Antrag stellen. Mehr dazu in diesem Artikel.
Kann man Abschläge vermeiden?
Die Höhe Ihrer Erwerbsminderungsrente hängt vor allem davon ab, wie Ihr bisheriges Berufsleben ausgesehen hat. Wenn Sie also ordentlich verdient und lückenlos eingezahlt haben, liegt Ihre Rente vielleicht deutlich über dem Durchschnitt. Mit wie viel Geld Sie rechnen können, entnehmen Sie am besten der jährlichen Renteninformation. Die Rentenversicherung verschickt dieses Dokument automatisch einmal pro Jahr an alle Versicherten.
Leider lauert an dieser Stelle ein Problem. Ihre tatsächlich ausgezahlte Rente wird niedriger ausfallen als der Betrag aus der Renteninformation. Erstens fällt der Beitrag zur Krankenversicherung an. Und zweitens müssen Sie mit Abschlägen rechnen. Wenn Ihre Erwerbsminderungsrente vor dem 63. Geburtstag beginnt, kostet Sie das pro Monat 0,3 Prozent. Falls Sie Ihre EM-Rente also mit 62 beziehen, bedeutet das bereits ein Minus von 3,6 Prozent. Doch viele Menschen müssen schon in jungen Jahren von einer EM-Rente leben. All diese Leute erhalten deswegen 10,8 Prozent weniger. Bis in die Altersrente hinein.
Wenn Sie diese Abschläge umgehen möchten, bleibt nur eine Option. Den Rentenbeginn bis zum 63. Geburtstag verschieben. Bei den meisten Menschen ist das natürlich illusorisch, da man sich in diesem Alter bereits mit anderen Formen der vorgezogenen Altersrente beschäftigt.
Kommentare (10)
Petra Behrendt
am 28.06.2020Ich bin 52Jahre und seid 2017 krank geschrieben. (Schlaganfall,Parkinson, Kopftremor,Depression...). Ich habe eine Schwerbehinderung 70 mit Merkzeichen G. Seit 2019 erhalte ich eine Teilerwerbsminderungsrente. Ich kann dennoch keine 3 bis 6h arbeiten. Nun bekomme ich die Teilrente und sonst NICHTS...von NIEMANDEM... die Erwerbsminderungsrente ist eingeklagt vor dem Sozialgericht.... was kann ich machen? Habe ich überhaupt eine Chance? Wer kann mir helfen?
Christian Schultz
am 29.06.2020Folko Stank
am 15.08.2020Claus Müller
am 29.10.2020das mindeste, was in einem Forum zu erwarten ist, sind wahre Angaben. Ihre Angabe, dass eine Wiedereingliederung Ihre Erwerbsminderungsrente um 1/3 minderte, ist unwahr, also durch und durch gelogen. Gehen Sie bitte in ein Land Ihrer Wahl, gerne eine in sogenannte Heimat, und Sie werden feststellen, dass Ihre Rente dort sogar um 1 gemindert wird. Wenn Sie nicht verstehen, was 1 ist: 1/1 = 1 und bedeutet in Ihrem Fall eine Minderung um 100%. Bleiben Sie also bei der Wahrheit und bleiben Sie bescheiden - Sie bekommen nicht mehr und nicht weniger, als Ihnen zusteht. Und seien Sie vorsichtig, nicht dass noch festgestellt wird, dass Ihnen noch weniger oder gar nichts zusteht.
Andrea Sutterer
am 04.12.2020Christian Schultz
am 04.12.2020Tomas Paul
am 19.01.2021Ich habe mein Antrag auf Erwerbsminderungsrente im Apr.2020 gestellt.Ich war einmal beim Gutachter,vor kurzem habe ich noch eine Einladung zum Gutachter bekommen.
Ich habe 60 % Schwerbehinderung seit 2000 ..und meine Gesundheitsprobleme haben 4/2016 angefangen.
Problem ist laut Rentenbericht von Ende 2019 ist meine Rentenrechtliche recht auf Erwerbsminderung im 09/2019 abgelaufen.
Ich habe den Antrag im Apr.2020 gestellt mit der Angabe das meine Erwerbsminderung seit 4/2016 besteht.
Ich bin seit 4/2020 Krankgeschrieben.
Würde mich auf eine Stellungnahme freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schultz
am 20.01.2021Claudia Siller
am 09.02.2021Ich bin 52 Jahre alt und in der stationären Pflege tätig. Im November letzten Jahres war ich an Covid 19 erkrankt und komme seitdem nicht mehr auf die Beine. Bin Asthmatikerin und in ärztlicher Behandlung wegen einigen Beschwerden. Mein Hausarzt hat mir jetzt zu einer Post Covid Reha geraten. Da ich zur Zeit kaum in der Lage bin meine Arbeitszeit von 7 Stunden zu leisten möchte ich gerne in eine solche Reha und von dort aus eine Teilerwerbsrente beantragen. Würden Sie mir dazu raten mit dieser Diagnose?
Christian Schultz
am 10.02.2021Dennoch kann ich Ihnen hier im Blog keine Empfehlung geben. Dazu müsste man sich die Berichte Ihrer Ärzte anschauen. Wenden Sie sich gern an meine Kollegen in der Sozialberatung: https://www.sovd-sh.de/beratung/sozialberatung/informationen